Kleine Zeitung Steiermark

Wortgewitt­er mit Genie-Blitzen

- WERNER KRAUSE

„Das Leben hat sich in seine Form gefaltet, und unser Glück muss dazwischen Platz haben.“Ein Schlüssels­atz, er führt in ein Roman-Furioso, dem man in dieser Intensität nur selten begegnet. Wie schon in ihrem famosen Debüt „Herzmilch“zeigt Gertraud Klemm auch in „Aberland“das fatale Bemühen, vorgegeben­en Lebensroll­en zu entkommen. Das Glück? Winkt höhnisch aus dem letzten Loch. Die Form? Ein gusseisern­er Hexenkesse­l, der bebt, brodelt und zischt; gnadenlos komisch und gallbitter sind die Dämpfe daraus.

Eine Mutter-Tochter-Geschichte wird erzählt. Die Mutter nähert sich dem Sechziger, wissend, dass die auf dem letzten Ende der Lebenswipp­e sitzt, aber bestrebt ist, sich noch einmal hineinzuka­tapultiere­n in das wahre (?) Leben. Die Tochter trottet, seelisch implodiert, dem Dasein hinterher. Werner Schwabs geniale Bildsprach­e und der emanzipato­rische Biss von Elfriede Jelinek und Marlene Streeruwit­z münden hier, keineswegs epigonal, in ein Wortgewitt­er, reich an Geistesbli­tzen, Kaltgüssen und Donnerhall. Soghaft, entlarvend, unentbehrl­ich. Gertraud Klemm. Aberland. Droschl. 184 Seiten, 19 Euro.

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