Kunstvoll Komponiertes
Gerhard Rühm, Dichter, Komponist, Sänger, Denker und bildender Künstler, wird 85.
Auch die jüngste Publikation ist eine kunstvolle Komposition. „hugo wolf und drei grazien, letzter akt“heißt sie, Gerhard Rühm, ihr Autor (Komponist) hat sie als „performatives Bühnenstück“, als „radiophonen Text“angelegt. Der Mitbegründer der Wiener Gruppe, der am 12. Februar seinen 85. Geburtstag feiert, schuf damit ein weiteres Beispiel einer der „Konkreten Poesie“verpflichteten Literaturmusik.
Klang ist ein Schlüsselwort für Rühm, der bei Josef Matthias Hauer Musik studierte und Anfang der 1950er-Jahre erste Lautgedichte verfasste. Mit Friedrich Achleitner, H. C. Artmann, Konrad Bayer und Oswald Wiener schrieb er (österreichische) Literaturgeschichte. „hosn rosn baa“heißt der Klassiker von Achleitner, Artmann und Rühm, in dem „Dia- Gerhard Rühm. hugo wolf und drei grazien, letzter akt. Ritter, 13,90 Euro. lektsprachlichkeit und avantgardistische Modernität“verknüpft werden (wie Jürgen H. Petersen im Standardwerk „Absolute Lyrik“schreibt).
Als Interpret eigener Chansons begeisterte Rühm bei vielen Auftritten, die Texte (wie bei Artmann) oft „med ana schwoazzn tintn“verfasst: „ich lig so gean /auf wossaleichn / die san so wach /und doch so menschlich“.
„Melodramen, Lieder, Chansons“wird als Band 7 der auf zehn Bände angelegten „Gesammelten Werke“beim Verlag Matthes & Seitz erscheinen. Die Bände 8.1 und 8.2 sind dann dem umfangreichen OEuvre des bildenden Künstlers Gerhard Rühm gewidmet. Radio-Tipp: Ö1 widmet Gerhard Rühm ab morgen einen Programmschwerpunkt. oe1.orf. at GRAZ. Die Tongebung der argentinischen Star-Cellistin Sol Gabetta (33) ist sparsam und reich zugleich. Schon die ersten Töne ihres Konzerts mit dem gleichaltrigen französischen Pianisten Bertrand Chamayou im Grazer Stephaniensaal zeigten das.
Gabetta ließ in Beethovens Variationssätzen über „Bei Männern, welche Liebe fühlen“(Zauberflöte) viel „Luft“um die Tonphrasen. Sie erlaubte ihren reich klingenden Cellotönen nur so viel Ausdehnung als zum Fixieren der Charaktere nötig; kein losgelöstes Schwelgen in Wohlklang, obwohl ihre langen Töne in den langsamen Sätzen der Sonaten von Felix Mendelssohn Bartholdy (Nr. 2) und Frédéric Chopin höchsten Erlebniswert hatten, charaktergebunden. Kleinräumige dynamische Differenzierungen belebten Mendelssohns rasche Sätze.
Gabetta abstrahierte bei ihrem Auftritt auch schnellste Pianissimoläufe zu zeichenstrichartigen Linien. Kühn, aber riskant. Denn es war nur allzu verständlich, dass kein Steinway-Riesenflügel solche Subtilitäten mitmacht.