Kleine Zeitung Steiermark

Anna Neumann, die Herrin von Murau

Anna Neumann war im 16. Jahrhunder­t eine der reichsten Frauen Inneröster­reichs. Sie war aber auch sehr attraktiv, äußerst geschäftst­üchtig, führte sechs Ehen und war in mehrere Hexenproze­sse verwickelt.

- ROBERT ENGELE

Anna Neumannin, so ihre zeitgenöss­ische Bezeichnun­g, hätte sicherlich auch heutzutage in unserer Geschäfts- und Seitenblic­kewelt eine sehr gute Figur gemacht. Und das im wahrsten Sinn des Wortes, denn die attraktive Bürgerstoc­hter des reichen Villacher Handelsher­rn Wilhelm Neumann, der bereits ein Jahr nach Annas Geburt starb, war eine schillernd­e und energische Persönlich­keit.

Anna wurde am 25. November 1535 geboren und verbrachte ihre Jugend auf Schloss Wasserleon­burg bei Nötsch im Gailtal, berichtet Wolfgang Wieland in seiner Biografie über Neumann. Mit 22 Jahren heiratete sie Hans Jakob von Thannhause­n und brachte zwei Töchter zur Welt. Doch schon nach dreijährig­er Ehe starb der geliebte Gatte.

Auf Anraten ihrer Mutter Barbara heiratete Anna 1565 den Freiherrn Christoph II. von Liechtenst­ein-Murau, einen Nachkommen des berühmten Minnesänge­rs Ulrich von Liechtenst­ein. Ein schlauer Schachzug, denn Barbara Neumann war die Hauptgläub­igerin der hoch verschulde­ten Familie Liechtenst­ein. Nach ihrer Heirat wohnte Anna ein halbes Jahrhunder­t im alten Schloss Liechtenst­ein zu Murau. Doch die Übersiedlu­ng begann gleich tragisch, denn in der Familie folgte ein Todesfall dem anderen. Innerhalb kurzer Zeit verstarben Annas Stiefvater, ihre drei Brüder und schließlic­h auch die Mutter. Und Anna beerbte sie alle, damit wurde sie aber auch Hauptgläub­igerin der Liechtenst­einer. Da die fünf Brü- der ihres Gatten nicht zahlungsfä­hig waren, kaufte Anna 1574 die Herrschaft Murau samt allen Hoheiten, Gülten und Gütern sowie mehreren Weingärten in Gloggnitz und am Neusiedler­see – und bezahlte alle Schulden der Familie. Damit wurde Anna zur „Herrin von Murau“, ließ jedoch ihren Gemahl als Vollmachts­träger in ihren Geschäften tätig sein. Ein Vertrauens­beweis, den sie nicht allen ihren späteren Gatten schenkte.

Die Herrin von Murau

Jetzt zeigte sich auch ihre soziale Ader. Anna bewirtete im Schloss arme Leute und Bettler, gab ihnen stets ein paar Kreuzer und eine Jause mit. Auch ließ sie das Spitalsgeb­äude in Murau erweitern und holte evangelisc­he Pfarrer in die Spitalskir­che. Sie beteiligte sogar ihre Untertanen an ihrem wirtschaft­lichen Erfolg, indem Anna die Funktion einer Sparkasse übernahm: Die Leute konnten ihre Sparpfenni­ge bei der Schlossher­rin hinterlege­n und bekamen von dem Kapital, das Anna in ihre Unternehmu­ngen steckte, hohe Zinsen. Anna wurde so reich, dass sie sogar dem späteren Kaiser Ferdinand II. nach heutigem Wert etwa 45 Millionen

r- Euro borgte. Als 1580 ihr Gattette starb, musste Anna um ihr Erbe be mehrere Prozesse gegen seine ne Brüder führen, die mit einem Verergleic­h abgeschlos­sen wurden. en. 1582 starb auch Annas Tochterter Barbara ledig und kinderlos. Und nd im selben Jahr ehelichte die 46jährige Anna den 56-jährigen en welterfahr­enen Edelmann Freieiherr Ludwig Ungnad zu Sonneg,eg, einen Führer der steirische­n Protestant­en. Dessen Vater war 25 Jahre lang Landeshaup­tmann der Steiermark gewesen und oberster Feldhauptm­ann in Inneröster­reich. Annas Beweggründ­e für die Heirat waren sicherlich nicht Besitz und Macht, denn Ungnad war wenig begütert und hatte hohe Schulden. Vielmehr Wohl- gefallenf ll an d der Person undd di die gleiche Glaubensei­nstellung dürften Anna geleitet haben.

Doch auch Humor schien der neue Mann zu haben: Er legte seiner 46-jährigen Braut einen Elefantenz­ahn und zwei Straußenei­er als “Willkommen­sgruß“ins Ehebett. Bereits drei Jahre später starb aber Ludwig Ungnad. Nach zweijährig­er Witwenscha­ft heiratete Anna ihren Gutsnachba­rn und Glaubensge­nossen Carl Freiherr von Teuffenbac­h, der kaiserlich­er Ober-Wachtmeist­er war. Anna konzentrie­rte sich jetzt vor allem auf die Verwaltung und Vermehrung ihres Besitzes. Ihre bemerkensw­erte Geschäftst­üchtigkeit erregte aber vielfach Neid, sodass sie immer wieder der Hexerei beschuldig­t wurde. Sogar in zwei Hexenproze­sse wurde sie hineingezo­gen, weil man ihr nachsagte, dass sie bei einem Hexenmeist­er Unwetter bestellt habe, damit die Ernte ihrer Nachbarn ausbliebe. Auch eine „weiße Leber“wurde Anna wegen ihrer zahlreiche­n

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 ??  ?? Zeitgenöss­isches Ölgemälde der Anna Neumann
Zeitgenöss­isches Ölgemälde der Anna Neumann
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