In München geht es auch umdasGlückderUkraine
Im Achtelfinalrückspiel ist Schachtar Donezk heute bei den Bayern zu Gast. Ein krisengebeuteltes Volk hofft auf einen Sieg der „Bergmänner“.
Ein Erfolg in München wäre Balsam für die gequälte Seele des „Schachtar“, des Bergmanns. Krieg im Donbass mit Tausenden Toten und ein Grubenunglück mit 33 ums Leben gekommenen Kumpels in Donezk machen es nicht leicht, zur Tagesordnung eines Fußballspiels überzugehen. Eine Woche vor dem Rückspiel im Achtelfinale der Champions League gegen den FC Bayern am Mittwoch erschütterte die Katastrophe in der Kohlenmine Sasjadko das Land und dennoch lässt das 0:0 im Hinspiel die derart geplagte Ukraine jetzt einmal auf ein freudiges Ereignis hoffen. „Schachtar“heißt Bergarbeiter und Schachtar Donezk ist seit jeher die Identifikation mit den Menschen im ostukrainischen Kohlerevier Donbass. Wie Schalke im Ruhrpott. Nun trägt der ukrainische Meister mit „Schachtar“symbolisch ja auch die Bergwerkstragödien im orange-schwarzen Wappen und so hat Besitzer Rinat Achmetow (48) fürs Erste spontan 4,7 Millionen Griwna, knapp 200.000 Euro, an die von dem Unglück betroffenen Familien überwiesen. Das „Humanitäre Zentrum“des reichsten Ukrainers kümmerte sich auch um verletzt Gerettete – und Schachtar-Volunteers haben seit Jahresbeginn im schwerbeschädigten DonbassStadion 1,67 Millionen Hilfsbeutel mit Lebensmitteln an Bürger der gepeinigten Stadt verteilt. er Meisterklub hat zu Saisonbeginn Donezk verlassen, logiert in Kiew und spielt in Lemberg (Lwiw). Verwunderlich war, dass Schachtar seine beiden Auswärtsspiele gegen Metalist im Pokal (2:0) am Unglückstag
Dund in der Liga (2:2) am vergangenen Samstag nicht in Charkiw, sondern ebenfalls in seiner „Notheimat“Lemberg austrug. Das Innenministerium hatte aus Sicherheitsgründen den Platztausch angeordnet. „In Charkiw zu spielen, wäre zu gefährlich gewesen, da die Polizei keine Sicherheit hätte gewährleisten können“, sagte Liga-Manager Alexij Dedyantnyk. Denn bei einem Anschlag auf den MaidanGedenkmarsch in der zweitgrößten Stadt der Ukraine am 22. Februar waren drei Menschen getötet worden. Charkiw liegt nur 40 Kilometer von der russischen Grenze entfernt, 250 Kilometer von der Frontlinie der prorussischen Separatistenrepubliken und 315 Kilometer von Donezk. m Freistaat Bayern kann Schachtar Donezk mit seinen 13 Brasilianern im Kader all die Wirren in der Ukraine für ein Spiel hinter sich lassen. Womit wir beim sportlichen Teil dieser Geschichte wären. Den Heimvorteil bei der Generalprobe gegen Metalist hatte Schachtar
Inicht zum siebten Sieg im siebten Spiel zwischen den beiden Begegnungen mit den Bayern nutzen können. 15 Sekunden vor Schluss der Nachspielzeit schaffte der in der zweiten Halbzeit rotdezimierte Gegner aus Charkiw durch einen Kopfball nach einem Freistoß noch den Ausgleich. Schachtar Donezk ist in der Liga mit vier Punkten Rückstand weiterhin Zweiter hinter Dynamo Kiew und hat sich mit vier Testspielen – unter anderem ein 2:1 gegen die Nationalmannschaft Aserbaidschans – und drei Partien in Liga und Cup zwischen den Duellen mit Bayern an einen Dreitagerhythmus gewöhnt. uf den späten Ausgleich reagierte Trainer Mircea Lucescu (69) wütend. Der Rumäne mit den dunkelgrauen Haaren und dem „Tatort“-Kommissar-Gesicht machte Torwart Pyatow und die Defensivspieler Fred und Fernando dafür verantwortlich. „Dieses unnötige Foul von Fernando Sekunden vor Schluss war unerhört.“Überhaupt wären einige Spieler als Folge des klaren Sieges im Pokal gegen Metalist drei Tage zuvor viel zu selbstgefällig aufgetreten. „Gegen Bayern München müssen wir ein ganz anderes Gesicht zeigen.“Jenes des Hinspiels, in dem die „Bergmänner“das 0:0 mit Zähnen und Klauen verteidigten. „Das werden wir auch in München tun“, verspricht der kroatische Kapitän Darijo Srna. „Mit unseren schnellen Brasilianern sind wir bei Kontern immer für ein Tor gut.“Für einen Moment, vielleicht für einen Abend wäre dann die Ukraine ein glückliches Land.
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