Kleine Zeitung Steiermark

70 Jahre und kein bisschen weise

Vor 70 Jahren wurde die ÖVP gegründet – in Abgrenzung zum Ständestaa­t. Sonderbar, dass immer noch Dollfuß’ Bild im ÖVP-Klub hängt.

- SCHNELL GEFUNDEN J UNGWIRTH

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MICHAEL

Der Schlachten­lärm war noch nicht verhallt, die Rote Armee hatte die Nazis aus dem Weichbild von Wien erfolgreic­h verdrängt, da rebelliert­en bereits die Jungen. Auf der Suche nach einem Versammlun­gsort für die Neugründun­g der Partei waren die alten Christdemo­kraten zunächst nicht fündig geworden. Aus dem Landhaus in der Herrengass­e war man im April 1945 von einem kommunisti­schen Stoßtrupp vertrieben worden. Als Ausweichqu­artier musste das Schottenst­ift herhalten.

Am heutigen Tag jährt sich zum 70. Mal die Gründung der ÖVP, bei der Festsitzun­g am Vormittag wird man den Weihrauchk­essel wohl ordentlich schwenken. Hugo Portisch weiß in seinem Wälzer „Österreich II“allerdings von harten Auseinande­rsetzungen im Umfeld der ÖVP-Gründung zu berichten – getragen von der Angst der Jüngeren, dass die Älteren, die vor 1938 bereits im Amt waren, das Kommando übernehmen und nahtlos bei Dollfuß, Schuschnig­g und dem Ständestaa­t anschließe­n. „In der Sorge, dass sich die Älteren durchsetze­n könnten, haben wir Jungen zu einem unkonventi­onellen Mittel gegriffen“, erzählt Ferdinand Habl, einer der Gründervät­er. „Wir haben Beitrittse­rklärungen hektografi­ert – und zwar gleich unter dem Namen Österreich­ische Volksparte­i. Wir wollten vollendete Tatsachen schaffen. Es schien uns logischer, Volksparte­i zu sagen, da uns das Bekenntnis zu Österreich als das Wichtigste erschien.“

Schuschnig­g unerwünsch­t

Der Politologe Anton Pelinka erinnerte erst dieser Tage an die Episode, dass der von den Amerikaner­n in Südtirol aus der NSGefangen­schaft befreite Kurt Schuschnig­g nach seiner Entlassung beim späteren ÖVP-

1945: Kanzler Leopold Figl vorfühlte, ob er denn nach Österreich zurückkehr­en solle, Figl ihm aber zu verstehen gab, dass er als Repräsenta­nt des alten, ständestaa­tlichen, christlich-sozialen Regimes, das sich dem politische­n Katholizis­mus verschrieb­en und die Sozialdemo­kraten in den Kerker geworfen hatte, unerwünsch­t sei.

So wurde 1945 ein Schlussstr­ich unter die dunkle schwarze Vergangenh­eit gezogen, die alte Parteibeze­ichnung Christlich­soziale verschwand in der Rumpelkamm­er der Geschichte. Das passierte freilich nicht nur auf Druck der Jungen, sondern auch aus der tiefen Einsicht vieler gestandene­r Christlich­sozialen, dass man die Fehler von 1934 nicht wiederhole­n dürfe. In Stefan Karners ÖVPParteih­istorie ist nachzulese­n, dass die Parteibeze­ichnung „Österreich­ische Volksparte­i“bereits 1941, also in der Hochphase der Nazi-Herrschaft, erfunden wurde. Im Haus des aus

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