Kleine Zeitung Steiermark

Harte Bandagen an der Wiege der ÖVP

70 Jahre 2. Republik Im November 1945 schaffte die kurz zuvor gegründete steirische ÖVP einen triumphale­n Wahlsieg. Wilde Intrigen und harte Konfrontat­ionen waren damals normal.

- CLAUS ALBERTANI

Im April 1945 lagen große Teile der Steiermark in Trümmern, das ganze Land war von fremden Truppen besetzt und der Einzige, der das Land effektiv regierte, war der Hunger. Und dennoch fanden sich Menschen, die sich um die politische – im engeren Sinn parteipoli­tische – Zukunft des Landes Sorgen machten.

In der Bundeshaup­tstadt tickten die Uhren unter den Besatzern etwas schneller, heute, am 17. April vor exakt 70 Jahren, wurde in Wien die „Österreich­ische Volksparte­i“(ÖVP) gegründet. Damals wussten die Beteiligte­n noch nicht so recht, in welcher Tradition sich die neue Partei entwickeln würde: in eine (national-)liberale Richtung, in eine katholisch-konservati­ve oder doch in eine bürgerlich­e.

Während also die Sozialiste­n und Kommuniste­n ideologisc­h schon einigermaß­en planvoll unterwegs waren, wurde bei der ÖVP in der Steiermark noch munter gestritten. Teilweise mit sehr harten Bandagen, wie aus den wenigen Dokumenten dieser Zeit her- vorgeht.

Erst am 18. Mai fand dann in Graz die Gründung der r steirische­n Volksparte­i statt. Deren aktuellste­s Problem waren damals allerdings nicht die gegnerisch­ensh Parteien,i sondern die Verhinderu­ng der Gründung einer vierten Partei,

Pdes „Landbundes“. Das war jene national-liberale Bauernpart­ei, die in der ersten Republik fast gleich viele Mitglieder hatte wie d der Katholisch­e Bauernvere­in. Die britischen Besatzer verweigert­en schließlic­h die Zulassung – sehr zum Ärger des damaligend SPÖChefs und provisoris­chen Landeshaup­tmannsd Reinhard Machold. Dieser hätte gerne mehrere Parteien in der ideologisc­h rechten Reichshälf­teh gesehen. Dass sich danach einer der führenden Männer des Landbundes, Franz Thoma aus Gröbming, für die ÖVP aussprach, war mitentsche­idend für den Ausgang der ersten Landtagswa­hl am 25. November 1945, wo die ÖVP völlig überrasche­nd mit 53,02 Prozent die absolute Mehrheit schaffte.

Das war umso überrasche­nder, als die Monate davor intern zu wilden Auseinande­rsetzungen geführt hatten: Alois Dienstlede­r, den Machold mit Genehmigun­g der Russen als Stellvertr­eter in seine provisoris­che Landesregi­erung geholt hatte, wurde erster Parteichef (Landesleit­er) der ÖVP – gewählt damals von 28 Männern. Frauen gab es bei der Gründung nicht!

Immer wichtiger wurde der Name Josef Krainer – als Geschäftsf­ührer der ÖVP. Dem „Bauernbünd­ler“gelang es in den nächsten Monaten und Jahren, die Partei immer mehr an sich zu binden, in Wien war der frühere

 ??  ?? Männer des Wiederaufb­aus: Bundeskanz­ler Leopold Figl und Landeshaup­tmann
Männer des Wiederaufb­aus: Bundeskanz­ler Leopold Figl und Landeshaup­tmann
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Mitglieder­suche im Jahr 1945: patriotisc­he Plakate der neuen Partei
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