In Ungarn tickt eine Zeitbombe
Ádám Fischer leitet am Sonntag Beethovens „Fidelio“als Gastspiel der Wiener Staatsoper beim Musikverein für Steiermark, der den Dirigenten zum Ehrenmitglied kürt.
19.30 Uhr, Ö 1: Mit dem Konzert für sieben Bläser und Streicher sowie dem „ Heldenleben“von Richard Strauss gastierte das ORF- RSO Wien unter Cornelius Meister beim Musikverein in Graz.
Der Musikverein für Steiermark ernennt Sie zu seinem Ehrenmitglied. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung? ÁDÁM FISCHER: Damit werde ich zum direkten Nachfolger von Beethoven und Schubert – das ist schon was. Ich schätze das sehr.
Welche Erinnerungen haben Sie an Ihren Karrierestart in Graz? FISCHER: Im Oktober 1971 bin ich nach Graz gekommen, weil mein älterer Studienkollege Daniel Chmura den ersten KarajanWettbewerb in Berlin gewonnen hatte und seine Korrepetitorenstelle in Graz sofort aufgab. Das erste Stück, das ich gespielt habe, war eine Stellprobe von „Don Carlo“, und alle waren ganz entsetzt, weil ich versucht habe, wunderschöne, künstlerische Pianissimi zu spielen, und haben geschrien: „Wir hören nichts!“
Wann durften Sie erstmals eine Vorstellung dirigieren? FISCHER: Bei einem Abstecher nach Judenburg habe ich den von Walter Goldschmidt einstudierten „Kleinen Schwindel in Paris“von Robert Stolz vom Klavier aus geleitet.
Wie ging es dann weiter? FISCHER: 1974 ging ich als Kapellmeister an die Finnische Nationaloper in Helsinki. In Graz konnte ich dann bald, weil Verwaltungsdirektor Thomas Tarjan Vertrauen zu mir hatte, so große Werke wie „Don Carlo“und den „Rosenkavalier“leiten.
Als Sie 1981 wieder nach Graz kamen, erregten Sie Aufsehen, weil Sie Richard Wagners „Tristan und Isolde“auswendig dirigiert haben. FISCHER: Ich musste den Blickkontakt zu den Musikern und den Sängern haben und mit ihnen zusammen atmen. Jetzt habe ich einen anderen Grund, vermehrt auswendig zu dirigieren: Seit ich vor vier Jahren eine Netzhautablösung hatte, sind meine Augen nicht mehr so gut. Aber mittlerweile habe ich gelernt, so in die Noten zu schauen, dass ich nicht abgelenkt bin. Bei jungen Dirigenten finde ich es ganz schlimm, dass sie eine Ehrensache daraus machen, etwas auswendig zu dirigieren. Mittlerweile habe ich die Partitur auch deshalb vor mir, weil ihr Fehlen die Sänger erschreckt. Und Feinheiten einer Einstudierung trage ich quasi als Kommentare zu den Noten in die Partitur ein.
In Graz leiten Sie am Sonntag ein Gastspiel der Wiener Staatsoper, an der Sie seit 1980 über dreihundert Aufführungen dirigiert haben. Wie wichtig ist Ihnen die Wiener Staatsoper? FISCHER: Ich habe in Wien studiert und kenne hier eine Musikergeneration, die jetzt in die Rente geht. Das hat meinen musikalischen Geschmack geprägt.
Auf dem Programm des Gast- spiels beim Musikverein für Steiermark steht Beethovens „Fidelio“, den Sie an der Staatsoper schon 40 Mal dirigiert haben. Haben Sie zum „Fidelio“eine besonders enge Beziehung? FISCHER: Mit dem „Fidelio“bin ich erstmals an einem großen Opernhaus aufgetreten. 1978 bin