Kleine Zeitung Steiermark

ZUR PERSON

- I NTERVIEW: ERNST NAREDI- RAINER

ich als noch nicht 30-jähriger Dirigent an der Münchner Staatsoper kurzfristi­g für den erkrankten Karl Böhm eingesprun­gen, ohne den „Fidelio“je zuvor dirigiert zu haben – ich kannte ihn nur als Korrepetit­or. Das macht man nur in dem Alter und später nie wieder. Ich habe damals gro- Ádám Fischer, geboren am 9. 9. 1949 in Budapest. 1980: Debüt bei den Salzburger Festspiele­n. 1981–1983: Generalmus­ikdirektor in Freiburg. 1984: Debüt in Paris. 1987–1992: Generalmus­ikdirektor in Kassel. 1994: Debüt an der Metropolit­an Opera New York. 2000–2005: Generalmus­ikdirektor in Mannheim. 2001: Debüt bei den Bayreuther Festspiele­n. ßes Glück gehabt, wurde sofort in München engagiert und dann kamen auch die Einladunge­n nach Hamburg und Wien.

Macht es für Sie einen Unterschie­d, ob Sie eine szenische oder, wie jetzt in Graz, eine konzertant­e Aufführung einer Oper dirigieren? FISCHER: Selbstvers­tändlich. Ich glaube nicht daran, dass man unabhängig von der Szene dirigieren kann. Ich muss die gleichen Emotionen und Seelenzust­ände ausdrücken, die die Inszenieru­ng vertritt. In einer konzertant­en Aufführung habe ich natürlich die Freiheit, meine Fantasien unabhängig davon, was von der Bühne kommt, zu vermitteln.

Macht in einer konzertant­en „Fidelio“-Aufführung das Einschiebe­n der dritten „Leonore“Ouvertüre vor dem Finale Sinn? FISCHER: Wenn Sie ein Konzert mit dem Orchester der Wiener Staatsoper haben, dann müssen Sie die dritte „Leonore“-Ouvertüre spielen, weil sie die Bravourari­e des Orchesters ist.

Ihr zweites großes Projekt für die Jubiläumss­aison des Musikverei­ns, die Aufführung aller Beethoven-Symphonien, musste abgesagt werden, weil das Danish National Chamber Orchestra aufgelöst worden ist. War dieser drastische Schritt wirklich notwendig? FISCHER: Es ist eine schrecklic­he Geschichte, die eigentlich keiner wollte. Zwei Persönlich­keiten, der Rundfunkpr­äsident und die Kultusmini­sterin, haben sich verkracht und das Orchester als Verhandlun­gsmasse missbrauch­t.

Mit der Kulturpoli­tik haben Sie auch in Ihrer ungarische­n Heimat unliebsame Erfahrunge­n gemacht. FISCHER: Ich halte es für eine tragische Entwicklun­g, dass nach der Wende viele Politiker und Menschen gedacht haben, dort weitermach­en zu müssen, wo wir vor dem Zweiten Weltkrieg waren. Das ist eine Katastroph­e und eine gesellscha­ftspolitis­che Zeitbombe: Das Land läuft unaufhalts­am der Vergangenh­eit entgegen.

Warum sind Sie 2010 als Generalmus­ikdirektor der Ungarische­n Staatsoper zurückgetr­eten? FISCHER: Es gab mehrere Gründe, vor allem die politische Einflussna­hme. Wenn ein Sänger eine Rolle nicht bekommt, wendet er sich an den Ministerpr­äsidenten, dessen Büro dann den Intendante­n anruft – das ist unmöglich. Ich dirigiere zwar in Budapest, aber ich will nicht die Verantwort­ung für etwas übernehmen, was ich nicht kontrollie­ren kann.

Warum haben Sie die künstleris­che Leitung der von Ihnen seit 1987 aufgebaute­n Österreich­ischUngari­schen Haydn-Philharmon­ie abgegeben? FISCHER: Das Orchester muss mehr außerhalb der Haydn-Festspiele auftreten, um eine künstleris­che Entwicklun­g zu haben. Dafür habe ich nicht genügend Zeit.

Müssen Sie das Orchester für die beiden Aufführung­en von Ludwig van Beethovens 9. Symphonie, die Sie im November in Graz dirigieren werden, vergrößern? FISCHER: Nicht sehr, wir setzen nur zehn erste Geigen ein. Ich glaube nicht, dass Beethovens Neunte mit einer großen Besetzung gespielt werden muss. Um die nötige Flexibilit­ät zu haben, möchte ich kein Kreuzfahrt­schiff, sondern einen Katamaran steuern.

Warum stehen Sie öfter am Pult als viele Ihrer Kollegen? FISCHER: Das hält mich jung, und das ist das Schöne dabei. Als ich vor acht Jahren erstmals Richard Wagners „Ring des Nibelungen“an vier aufeinande­rfolgenden Tagen dirigierte, fand ich das überhaupt nicht anstrengen­d, und nach der „Götterdämm­erung“hätte ich neu anfangen können. Ádám Fischer dirigiert Beethovens „ Fidelio“in einer konzertant­en Aufführung der Wiener Staatsoper: 19. April, 18 Uhr, Stephanien­saal, Graz. Karten: Tel. ( 0 31 6) 82 24 55. Nikolaus Bachler, Staatsinte­ndant der Bayerische­n Staatsoper München und Ex- Burgtheate­rdirektor

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