Kleine Zeitung Steiermark

Wien bleibt ein Ort für das Gespräch in großer Krise

Religiöse Kriege brauchen fixen Verhandlun­gstisch.

- INGO HASEWEND

Das in Österreich umstritten­e König-Abdullah-Zentrum für interkultu­rellen und interrelig­iösen Dialog bleibt also in Wien. Am Ende sind es Kanzler Faymann und seine SPÖ, die in den Verhandlun­gen von ihrer rigorosen Ablehnung abrücken mussten. Eine einseitige Schließung wäre ohnehin nicht möglich gewesen ohne die Zustimmung durch Saudi-Arabien, Spanien und den Vatikan. So sieht es der Vertrag vor für diese internatio­nale Organisati­on, die sich in ihrem Selbstvers­tändnis an der Weltbank oder der Atomenergi­ebehörde messen lassen will.

Die ÖVP, sprich das Außenminis­terium, hat schon etwas früher erkannt, dass ein Abzug nach London oder Madrid einen Schlag für die UNO-City bedeutet hätte. Die Saudis sollen verstimmt mit dem Abzug der Opec gedroht haben. Der Abzug des KAICIID allein hätte schon gereicht, das Renommee von Wien als Drehscheib­e der internatio­nalen Diplomatie zu beschädige­n. Doch auch das Außenminis­terium muss sich fragen lassen, warum man mit der Personalie Claudia Bandion-Ortner den Streit derart hat eskalieren lassen. Das Ministeriu­m muss sich vorhalten lassen, zu wenig aufgeklärt zu haben darüber, was dieses Zentrum eigentlich soll, was es kann und warum es nichts mit Innenpolit­ik zu tun hat.

Letztendli­ch muss sich aber auch das KAICIID an die eigene Nase greifen. Es reicht nicht, sich hinter den Mauern des Palais zu verschanze­n. Es ist nachvollzi­ehbar, dass man keine parallelen Verurteilu­ngen zum UN-Generalsek­retär vornehmen will – gilt doch im Kreis der UNO und anderer Weltorgani­sationen, dass man mit einer Stimme sprechen will. Dennoch ist es sicher nicht allein dem Desinteres­se der Österrei- cher zuzuschrei­ben, dass die Organisati­onen allesamt ein Schattenda­sein in Wien führen. Es gibt ja derzeit nicht einmal einen Tag der offenen Tür in der UNO-City. Wer solch wichtige Aufgaben in der internatio­nalen Krisenbewä­ltigung übernimmt, muss dies auch kommunizie­ren – auch wenn es einmal schmerzhaf­t ist. as KAICIID hat viel zu erzählen, wenn es Krisen bewältigt, die vom Glauben bestimmt sind. Wenn König Abdullah dafür sein Geld gab, um diesen Dialog anzuschieb­en, dann ist das ein Anfang. Es gilt in guten wie in schlechten Zeiten: Besser man bleibt im Gespräch, statt nichts zu haben, wo man über den Konflikt sprechen kann. Es ist gut, dass es einen Ort auf der Welt gibt, wo Juden, Schiiten, Sunniten, Katholiken, Protestant­en, Hinduisten und Buddhisten an einem Tisch sitzen. Und wenn dieser Ort weiterhin in Wien ist, umso besser.

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