Missbrauchsserie entsetzt Franzosen
Serie von Vergewaltigungen an Schulen durch vorbestrafte Lehrer erschüttert das Land.
PARIS. Für die Regierung sind es Einzelfälle, Eltern und Hilfsorganisationen sprechen von der „Spitze des Eisbergs“: Eine Serie von Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffen an Schulen erschüttert derzeit Frankreich.
Entsetzt reagieren die Franzosen, weil die Täter zuletzt Lehrer waren, die als Pädophile einschlägig vorbestraft waren – und trotzdem weiter mit Kindern arbeiten durften. Bis Ende April will die sozialistische Regierung nun ein Konzept vorlegen, wie solch skandalöse Vorfälle künftig vermieden werden können.
Den Stein ins Rollen brachten die unfassbaren Vorfälle an einer Volksschule in Villefontaine bei Lyon. Der Direktor wurde im März wegen Vergewaltigung festgenommen: Bei einem „Geschmacks-Workshop“verband er den Kleinen die Augen, um sie Dinge schmecken zu lassen. Dabei zwang er mehrere Mädchen zum Oralsex. Der Familienvater (45) gestand die Taten.
Es sei „mehr als wahrscheinlich, dass es Opfer an anderen Schulen gibt“, räumte Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem ein. Denn der Mann, der 2008 wegen kinderpornografi- scher Fotos zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden war, hatte in den letzten Jahren häufig auf eigenen Wunsch die Schule gewechselt. Immer mehr Eltern und Opfer melden sich derzeit bei den Behörden, zuletzt waren es mehr als 30.
Im ganzen Land wurden ähnliche Fälle gemeldet, mehrere Lehrer suspendiert. In Planaise wurde ein Lehrer vor zwei Jahren wegen Vergewaltigung einer Schülerin inhaftiert – heute sind 43 Opfer bekannt. Die Methode war dieselbe wie in Villefontaine.
„Das ist ein Messerstich ins Herz“, sagten die Eltern eines sechsjährigen Mädchens. Wenn die Vorkommnisse an ihrer Schule früher publik gemacht worden wären, wären die Vergewaltigungen in Villefontaine vielleicht nie geschehen.
Laut Kinderhilfsorganisationen wie „Innocence en danger“(IED) werden Übergriffe durch Lehrer totgeschwiegen: Einen Monat vor Bekanntwerden des aktuellen Falls hatte sie einen Brandbrief an die Ministerin geschrieben, er wurde ignoriert. Eine Anwältin beklagt ein „Gesetz des Schweigens“, auf Eltern werde Druck ausgeübt.