Mit Anleihe an die Grazer Copacabana
Kärntens Wohnbaulöwe Kollitsch expandiert nach Graz und legt dazu eine Fünf-Millionen-Anleihe auf. In Kürze startet er Projekte in Graz-St. Peter und an den Schotterteichen.
Erstens hat sich die Lage am Bankensektor verändert, zweitens expandieren wir nach Graz und in weiterer Folge nach Wien.“So erklärt der Kärntner Baumeister Günther Kollitsch die für ein mittelständisches Unternehmen nicht alltägliche Begebung einer Anleihe: fünf Millionen Euro Volumen auf fünf Jahre zu fünf Prozent Zinsen per anno. Steuerberater Günther Pöschl sieht dies als Pionierleistung: „Regionale Projektentwicklung durch regionale Anleihefinanzierung ist die Zukunft.“Man müsse bei der Finanzierung von KMU flexibler und offener werden.
Sofort denkt man an blutende Anleihezeichner, die der Alpine Bau ihr Geld blind anvertraut hatten und einschauten. „Hier gehen die Mittel nicht in die Baufirma“, so Pöschl, „sondern in hochwertige Immobilien.“Die beginne man schon bald in Graz zu bauen. „Und Kollitsch ist ein bankschuldenfreies Unternehmen.“
Im gehobenen Wohnungsbau sind Günther und Sigrun Kollitsch in Kärnten die Nummer 1, aber mit einem lokalen Problem: Der Kärntner Markt trocknet – auch angesichts der leeren Kassen im Land – aus. Mit 300 Mitarbeitern hat die Kollitsch Gruppe (Bau und Immobilien) 2013 und 2014 rund 77 Millionen Euro umgesetzt und peilt heuer 80 Millionen an. Denn die Gruppe macht inzwischen schon 20 Prozent des Baugeschäfts in Wien. Ehe man in der Bundeshauptstadt auch Immobilien entwickeln will, steigt man in Graz ein. „Im Juli beginnen wir mit dem Bau von 50 Wohneinheiten nahe dem ORF-Landesstudio Steiermark“, so Kollitsch. 20 Prozent seien verkauft, zugleich beginne man mit dem Verkauf von 100 Wohneinheiten, die an der Grazer „Copacabana“im Süden der Stadt geplant sind. Ein Baufilialbetrieb mit 15 Mitarbeitern ist schon verankert. „Der Großraum Graz hat mit rund 500.000 Einwohnern so viel wie ganz Kärnten. Nachdem wir die Kärntner Preise gewohnt sind, halten wir uns für absolut marktfähig“, so Kollitsch.
Bankkredit wäre billiger
Warum stillt man den Liquiditätsbedarf für die Expansion nicht bei der Bank? „Wir wollen die Finanzierung breiter auf drei Säulen aufstellen“, erklärt Pöschl. „Eigenkapital, Bankfinanzierung und Anleihekapital.“Sofort fällt auf, dass bei der jetzigen Zinslage der Bankkredit bei TopBonität billiger sein müsste als fünf Prozent Anleihezinsen. „Stimmt, über alles gerechnet wäre eine Bankfinanzierung sogar günstiger“, räumt Kollitsch ein. „Wir wollen mit dem Anleihekapital zehn Prozent des Gesamtfinanzierungsrahmens abdecken. Das hat mit Freiheit und Flexibilität zu tun.“
Den Anlegern – gezeichnet werden kann ab 100.000 Euro – bleiben nach Abzug der Kapitalertragssteuer 3,75 Prozent Rendite, was weit über aktuellen Sparzinsen liegt. Im Ernstfall jedoch besteht auch ein Totalausfallsrisiko auf das Gesamtkapital. „Theoretisch ja. Aber wir arbeiten hier als Familienbetrieb in dritter Generation und haben immer alle Schulden gezahlt“, führt der Unternehmenschef ins Treffen.
Anleihe ist handelbar
Für Anleger sei im Notfall ein Exit möglich, da die Anleihe im 3. Markt der Wiener Börse notiert und dort handelbar wäre. „Es ist auch ein Bauchgefühl. Softfacts wie die Unternehmerpersönlichkeit werden wieder wichtiger“, glaubt Pöschl. Eine regionale Anleihe, so glaubt er, wäre auch für den rebellischen Waldviertler Schuhmacher Heini Staudinger eine gute Wahl gewesen.