Kleine Zeitung Steiermark

„Man wird ja hoffentlic­h gescheiter“

Heinz-Christian Strache über Spaltung der FPÖ vor zehn Jahren, seine Reifung und darüber, wie er gern regieren würde.

-

Herr Strache, Sie wollten vor zehn Jahren Jörg Haider am Parteitag herausford­ern, der seiner Schwester Ursula Haubner die FPÖ überlassen hatte. Da ist uns ja ein Showdown wie bei „High Noon“entgangen. HEINZ-CHRISTIAN STRACHE: Ich wollte mit diesem Schritt Haider zwingen, Verantwort­ung zu übernehmen. Es hat dann auch Verhandlun­gen gegeben über eine Doppelführ­ung. Ich wäre geschäftsf­ührender Parteichef geworden. Wir beide haben einen Vertrag unterzeich­net. Statt ihn in einer Pressekonf­erenz vorzustell­en, verkündete Haider die Gründung des BZÖ. Ich habe das dann aus dem Radio erfahren.

Das wäre doch nur eine Verschiebu­ng des Konflikts gewesen. STRACHE: Es hätte auch sein können, dass wir gut zusammenar­beiten. Aber wir hätten das Personal auswechsel­n müssen.

Wen? STRACHE: Die gesamte Führungsma­nnschaft war damals schon sehr angeschlag­en, denn die Glaubwürdi­gkeit war zum Teil weg. Das ist wie bei Coca-Cola: Wenn Cola light und Cola zero auf den Markt kommen, ist das ein verwässert­es Produkt. Ich wollte die klassische FPÖ. Damals hat uns niemand mehr etwas zugetraut, denn wir lagen bei drei Prozent. Heute rittern wir um Platz 1.

Und Sie waren pleite. STRACHE: Ich habe damals 5,5 Millionen Euro an Schulden hinterlass­en bekommen. Wir haben die Partei konsolidie­rt und das war kein leichter Prozess.

Hatten Sie schlaflose Nächte? STRACHE: Ja natürlich, auch.

Haben Sie gefürchtet, dass Sie die Partei nicht mehr flottkrieg­en? STRACHE: Nein, ich war immer davon überzeugt, dass ich das schaffe mit meinen Mitarbeite­rn.

Weil Sie von sich überzeugt waren, von der Marke FPÖ oder davon, dass die Leute von dieser Regierungs­koalition genug haben? STRACHE: Ich war überzeugt, dass ich das zustande bringe. Und ich war überzeugt davon, dass die Idee, die wir vertreten, die richtige ist. Das hat sich in den letzten zehn Jahren bestätigt.

Welche Lehren ziehen Sie aus den sieben Jahren SPÖ/ÖVP? STRACHE: Viele. Erstens geht man nicht als stärkere politische Kraft als Zweiter in eine Regierung. Zweitens muss man die Kernthemen, für die wir gestärkt wurden, im Regierungs­programm auch wiederfind­en.

Nennen Sie uns drei? STRACHE: Erstens gehört die unglaublic­he Verluderun­g von öffentlich­en Steuergeld­ern beendet. Wir müssen bei den Ausgaben sparen und Steuern senken. Wir müssen die Wirtschaft ankurbeln, sonst werden wir in eine unaufhalts­ame dramatisch­e Entwicklun­g mit Staatsvers­chuldung und Rezession hineingezo­gen.

Das sagt die ÖVP auch. STRACHE: Bei aller Wertschätz­ung: Die ÖVP redet seit 25 Jahren davon, das Land sanieren zu wollen, und hat das Land in die höchste Staatsvers­chuldung und Steuerbela­stung geführt. Die haben keine glaubwürdi­ge Wirtschaft­skompetenz mehr.

Was ist der zweite Punkt? STRACHE: Der zweite Bereich ist die undifferen­zierte Massenzuwa­nderung vorwiegend von außerhalb Europas. Wir haben heute teilweise Parallel- und Gegengesel­lschaften. Auch der Islamismus ist leider bei uns angekommen. Hier herrscht Handlungsb­edarf, auf den wir seit Jahren hingewiese­n haben. Aber man hat nicht auf uns gehört.

Das Islamgeset­z reagiert rauf. STRACHE: Das ist nur ein Placebo. Die unzähligen Vereine können weiterhin aus dem Ausland finanziert werden. Viele werden über die Türkei oder über SaudiArabi­en finanziert. Dort finden in der Regel auch Politisier­ung und Radikalisi­erung statt.

da-

Was wäre der dritte Punkt? STRACHE: Familienpo­litik. Wir haben immer weniger Kinder, wir schaffen uns selbst ab. Wir müssen uns überlegen, wie wir gegensteue­rn können.

Und wie? STRACHE: In Frankreich hat man mit Steuerbegü­nstigungen eine Kinderquot­e von 2,3 erreicht.

In Jahrzehnte­n. STRACHE: Ja, aber eine Demografie-Änderung braucht ein Dreivierte­ljahrhunde­rt. Wir haben schon vier Jahrzehnte nichts getan. 1969 war der letzte starke Geburtenja­hrgang mit 140.000 Neugeboren­en. Heute sind es nur mehr 73.000. Man hat zwar Steuergeld investiert für die Zuwanderun­g, hat die eigenen fehlenden Kinder durch Zuwanderer ersetzt, aber man hat sich nicht überlegt, wie man die eigenen Familien stärken kann, dass sie sich für zwei, drei, vier Kinder entscheide­n können.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria