Die EZB als Rettungsanker des Euro
Der Euro hat noch lange nicht das Tal der Tränen verlassen. Die Euro-Zone bleibt trotz leichter Fortschritte fragil. Also, was tun? Der steirische ExSPÖ-Chef Schachner zieht seine Schlüsse.
Dass ehemalige Spitzenpolitiker zur Feder greifen, um als moderner Citoyen Denkanstöße zum gesellschaftlichen Geschehen zu liefern, hat in Österreich Seltenheitswert. Lieber verschreibt man sich dem Golfen oder der Jagd, in Frankreich oder Spanien ist das anders.
Nun hat der frühere steirische Landeshauptmannstellvertreter Peter Schachner-Blazizek gemeinsam mit dem Wirtschafts- rechtler Werner Hauser seine Gedanken zu Europa niedergeschrieben. Statt eine polemische Streitschrift – etwa mit einem marktschreierischen Titel wie „Rettet Europa vor Merkel“– zu verfassen, hat sich der SPÖ-Politiker für eine etwas spröd zu lesende Analyse mit dem sperrigen Titel „EU-Topia“entschieden.
Mit großer Detailkenntnis analysiert Schachner die historisch und politisch begründeten Verwerfungen des europäischen Projekts, um dann auf die Krise des Euro einzugehen, der „von einem starken Bindeglied zu einem potenziellen Sprengmittel mutiert“sei. Schachner, im früheren Leben Uni-Professor für Finanzwissenschaft, ortet eine „sehr fragile Erholung“und sieht nicht Merkel, sondern die EZB als Rettungsanker. Statt puristisch auf Sparpolitik zu setzen, spricht sich der Finanzwissenschaftler für eine expansive Geldpolitik aus – um den Preis einer „maß- vollen Inflation, die weniger politischen Sprengstoff erzeugt als Austeritätspolitik“–, in Kombination mit massiven Investitionen in Forschung, Wissenschaft, Infrastruktur und der Aufweichung des Stabilitätspakts. Nüchtern analysiert Schachner auch das Szenario eines Zerfalls des Euro, was nicht zwangsläufig zu einem Scheitern des europäischen Projekts führe, allerdings nicht wünschenswert sei.
Leider etwas zu kurz geraten sind jene Passagen, die von großer Nachdenklichkeit geprägt sind, in denen sich die Autoren mit der Marginalisierung des Menschen und der Demokratie durch Fortschritte der Biotechnologie, der Informationsgesellschaft, der Ökonomie befassen. Sie geißeln die „Leichtigkeit der Postmoderne“und rühmen die „Langeweile der Ernsthaftigkeit“. Ein lohnendes Feld für ein Fortsetzungsbuch.