Katastrophe
Der Ölkonzern BP möchte fünf Jahre nach der Explosion auf der „Deepwater Horizon“am liebsten zur Tagesordnung übergehen. Das wollen Umweltschützer und Behörden nicht zulassen.
Plötzlich tauchte es wieder auf. Das zu einer schmierigen Masse verklebte Öl trieb Mitte März auf einer Breite von 30 Metern direkt auf den Strand der vorgelagerten Insel East Grand Terre in der Bucht von Barataria in Louisiana zu. Ein lokaler Fernsehsender „ertappte“ein Reinigungsteam des britischen Ölkonzerns, wie es den verunreinigten Sand in Tausende Säcke schaufelte. Dabei hatte BP die Aufräumarbeiten offiziell schon vor einem Jahr eingestellt.
Wenige Tage vor dem Ölfund veröffentlichte der Konzern einen rosigen Bericht, der dem Golf von Mexiko kurz vor dem fünften Jahrestag der Explosion der „Deepwater Horizon“am 20. April ein Unbedenklichkeitszeugnis ausstellt. Schädliche Effekte seien „begrenzt in Raum und Zeit, zumeist in der Umgebung rund um Bohrquelle“. Ansonsten ließen sich „keine bedeutsamen langfristigen Konsequenzen auf die Populationen der Arten im Golf feststellen.“
Einspruch der Natur
Der angeschwemmte Ölteppich am Strand von East Grand Terre wirkt wie ein Einspruch der Natur gegen den Versuch, die größte Umweltkatastrophe in der Geschichte des Golfs von Mexiko ad acta zu legen. Angesichts der dramatischen Bilder der brennenden Ölplattform vor der Küste Louisianas, auf der elf Menschen den Tod fanden, dem Ausströmen von richterlich festgestellten 380 Millionen Liter Öl und ei- nem Ölteppich, der sich auf einer Fläche des Inselstaats Jamaica ausbreitete, wäre das ohnehin kaum geglückt. Festgebrannt ins kollektive Gedächtnis haben sich auch die Bilder ölverschmierter Pelikane und Schildkröten, die neben den Menschen die Hauptleidtragenden entlang der verschmutzten Küste waren.
„Es ist unangemessen und voreilig von BP, Schlussfolgerungen über die Folgen der Verschmutzung zu ziehen, bevor die Beurteilung abgeschlossen ist“, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme der Umweltschutzbehörden NOAA und EPA sowie der Bundesstaaten Alabama, Florida, Louisiana, Mississippi und Texas.
Höherer Schadenersatz
All das bedeutet wenig Gutes für den Ölkonzern. Vieles spricht dafür, dass die 42 Milliarden USDollar (rund 39 Milliarden Euro), die BP für Bußgelder, Schadensersatz und Aufräumarbeiten zurückgestellt hat, nicht reichen werden. Zu viele zivile Gerichtsverfahren sind noch anhängig, zu wenige Forderungen beglichen. Im Februar erst wies ein Bundesgericht den Antrag des Konzerns zurück, die Bußgelder wegen der Verstöße gegen das Wasserreinerhaltungsgesetz auf 9,57 Milliarden US-Dollar zu beschränken. Der Richter hielt 13,7 Milliarden US-Dollar für angemessener.
Auf die gesamte Industrie kommen zudem neue Regeln für die Erschließung von Ölquellen tief unter der Meeresoberfläche zu, die ins Kontor schlagen. Die USRegierung erließ am 13. April strenge Vorschriften. Dadurch werden für die Öl- und Gasförderer kostspielige Nachrüstungen notwendig, die das Fördern der Rohstoffe auch weniger lukrativ machen.
So sehr BP das Kapitel gerne abschließen würde, so wenig werden die Bundes- und Staatsregierungen, die betroffenen Küstenbewohner und die Forscher das erlauben. Die Aufarbeitung der „Deepwater Horizon“Katastrophe ist auch fünf Jahre später noch nicht abgeschlossen.