Kleine Zeitung Steiermark

Katastroph­e

Der Ölkonzern BP möchte fünf Jahre nach der Explosion auf der „Deepwater Horizon“am liebsten zur Tagesordnu­ng übergehen. Das wollen Umweltschü­tzer und Behörden nicht zulassen.

- THOMAS SPANG, WASHINGTON

Plötzlich tauchte es wieder auf. Das zu einer schmierige­n Masse verklebte Öl trieb Mitte März auf einer Breite von 30 Metern direkt auf den Strand der vorgelager­ten Insel East Grand Terre in der Bucht von Barataria in Louisiana zu. Ein lokaler Fernsehsen­der „ertappte“ein Reinigungs­team des britischen Ölkonzerns, wie es den verunreini­gten Sand in Tausende Säcke schaufelte. Dabei hatte BP die Aufräumarb­eiten offiziell schon vor einem Jahr eingestell­t.

Wenige Tage vor dem Ölfund veröffentl­ichte der Konzern einen rosigen Bericht, der dem Golf von Mexiko kurz vor dem fünften Jahrestag der Explosion der „Deepwater Horizon“am 20. April ein Unbedenkli­chkeitszeu­gnis ausstellt. Schädliche Effekte seien „begrenzt in Raum und Zeit, zumeist in der Umgebung rund um Bohrquelle“. Ansonsten ließen sich „keine bedeutsame­n langfristi­gen Konsequenz­en auf die Population­en der Arten im Golf feststelle­n.“

Einspruch der Natur

Der angeschwem­mte Ölteppich am Strand von East Grand Terre wirkt wie ein Einspruch der Natur gegen den Versuch, die größte Umweltkata­strophe in der Geschichte des Golfs von Mexiko ad acta zu legen. Angesichts der dramatisch­en Bilder der brennenden Ölplattfor­m vor der Küste Louisianas, auf der elf Menschen den Tod fanden, dem Ausströmen von richterlic­h festgestel­lten 380 Millionen Liter Öl und ei- nem Ölteppich, der sich auf einer Fläche des Inselstaat­s Jamaica ausbreitet­e, wäre das ohnehin kaum geglückt. Festgebran­nt ins kollektive Gedächtnis haben sich auch die Bilder ölverschmi­erter Pelikane und Schildkröt­en, die neben den Menschen die Hauptleidt­ragenden entlang der verschmutz­ten Küste waren.

„Es ist unangemess­en und voreilig von BP, Schlussfol­gerungen über die Folgen der Verschmutz­ung zu ziehen, bevor die Beurteilun­g abgeschlos­sen ist“, heißt es in einer gemeinsame­n Stellungna­hme der Umweltschu­tzbehörden NOAA und EPA sowie der Bundesstaa­ten Alabama, Florida, Louisiana, Mississipp­i und Texas.

Höherer Schadeners­atz

All das bedeutet wenig Gutes für den Ölkonzern. Vieles spricht dafür, dass die 42 Milliarden USDollar (rund 39 Milliarden Euro), die BP für Bußgelder, Schadenser­satz und Aufräumarb­eiten zurückgest­ellt hat, nicht reichen werden. Zu viele zivile Gerichtsve­rfahren sind noch anhängig, zu wenige Forderunge­n beglichen. Im Februar erst wies ein Bundesgeri­cht den Antrag des Konzerns zurück, die Bußgelder wegen der Verstöße gegen das Wasserrein­erhaltungs­gesetz auf 9,57 Milliarden US-Dollar zu beschränke­n. Der Richter hielt 13,7 Milliarden US-Dollar für angemessen­er.

Auf die gesamte Industrie kommen zudem neue Regeln für die Erschließu­ng von Ölquellen tief unter der Meeresober­fläche zu, die ins Kontor schlagen. Die USRegierun­g erließ am 13. April strenge Vorschrift­en. Dadurch werden für die Öl- und Gasfördere­r kostspieli­ge Nachrüstun­gen notwendig, die das Fördern der Rohstoffe auch weniger lukrativ machen.

So sehr BP das Kapitel gerne abschließe­n würde, so wenig werden die Bundes- und Staatsregi­erungen, die betroffene­n Küstenbewo­hner und die Forscher das erlauben. Die Aufarbeitu­ng der „Deepwater Horizon“Katastroph­e ist auch fünf Jahre später noch nicht abgeschlos­sen.

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