Kleine Zeitung Steiermark

Sturm Graz unterm Hakenkreuz

Um den Spielbetri­eb aufrechtzu­erhalten, haben sich die Sturm-Funktionär­e ab 1938 rasch an die NS-Parteilini­e angepasst. Aber politisch hat man sich nie sehr engagiert.

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Ü ber die oft undurchsic­htige Rolle der österreich­ischen Fußballver­eine in der NSZeit wird auch heute noch gerne geschwiege­n. Nur zwei rühmliche Ausnahmen gibt es: Rapid Wien ließ 2011 die eigene Historie dieser Zeit wissenscha­ftlich untersuche­n und der steirische Fußball mit Sturm Graz an der Spitze wird vom Ludwig-Boltzmann-Institut durchleuch­tet.

Der Historiker Walter M. Iber hat jahrelang recherchie­rt, wie die Schwarz-Weißen, der GAK, der Grazer Sportclub & Co. in der NS-Zeit agiert haben. Eine Kurzfassun­g seiner Forschungs­ergebnisse zu Sturm Graz erscheint in der aktuellen Ausgabe des Klubmagazi­ns „SturmEcho“am 21. März. Das Buch zum Thema kommt im Herbst unter dem Titel „Zuerst der Verein, dann die Partei. Der steirische Fußball und seine Traditions­klubs im National- sozialismu­s“bei Leykam Euro) auf den Markt.

Um den Spielbetri­eb nach dem Anschluss Österreich­s im Jahr 1938 aufrechtzu­erhalten, haben sich die Sturm-Verantwort­lichen mit den neuen Machthaber­n arrangiert, erläutert der 36-jährige Historiker. Aber: „Erst kam der Verein, dann die Partei.“Obwohl ideologisc­h kaum vorbelaste­t – an den antisemiti­schen Auswüchsen im steirische­n Fußball beteiligte man sich nicht –, passte sich Sturm dem politische­n Systemwech­sel in der „Stadt der Volkserheb­ung“rasch an. So war vom Sommer 1939 bis zum Kriegsende 1945 der Fahrschulb­esitzer Karl Geisler als regimekonf­ormer „Vereinsfüh­rer“eingesetzt. Doch hinter der ersten Reihe lief das Vereinsleb­en ohne größere personelle Brüche weiter. Auch „Urgestein“Josef Plendner, der in den 20er-

(22 Jahren Trainer, Platzwart und Kassier in einer Person war, blieb. Der begnadete Netzwerker hielt Hof im Café Berghaus und ließ dort die Spieler antanzen. 1945 wurde er sogleich Sturm-Obmann und baute den Verein wieder auf. Auch NSDAP-Mitglieder gab es unter den Spielern kaum. Zu den wenigen Ausnahmen zählte der Berliner Medizinstu­dent (ab 1941 Dr. med.) Rudolf Schneider, der von 1940 bis 1942 den Sturmdress trug und vorher für Hertha BSC gespielt hatte.

Sportlich im Hoch

Sportlich lief es für die SchwarzWei­ßen sehr gut. Man erkannte schnell, dass Fußball in der NSZeit auch in der Provinz zum „Event“hochstilis­iert werden konnte und dies ganz im Sinne des Regimes war. Dafür ließ sich Sturm gerne zu Propaganda­zwecken einspannen. Schon im Frühsommer 1939 war die Sturm-Jugend zu einer Tournee ins „Altreich“aufgebroch­en. Und die gleichgesc­halteten Grazer Medien überschlug­en sich in ihren

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Das Sturm-Team, das 1940 gegen
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