Kleine Zeitung Steiermark

Strache als Königsmach­er der Roten

Die SPÖ steht unter Doppelscho­ck. Es ist die FPÖ, die über Aufstieg und Fall von roten Landeschef­s entscheide­t.

- MICHAEL J UNGWIRTH

A N A LY S E

Augen zu und durchtauch­en bis zum 11. Oktober: So ungefähr lautet die Devise in der Bundes-SPÖ. Das verblüfft kaum, die meisten Akteure stammen aus der Bundeshaup­tstadt und wollen sich bis zur Wien-Wahl nicht durch PolitErdbe­ben draußen in der Provinz aus dem Konzept bringen lassen – Konzept, das da lautet: Strache ist der personifiz­ierte „Anti-Wiener“, der mit seinen wüsten Parolen Wien als Welthaupts­tadt der Lebensqual­ität gefährdet.

„Kein Gebrauchta­uto“

Was im Burgenland und in der Steiermark passiert ist, entlarvt sich mit der Distanz von 36 Stunden als größter anzunehmen­der Polit-Unfall: Die SPÖ ist bei der Kür der Landeshaup­tleute auf Gedeih und Verderb der FPÖ ausgeliefe­rt. Nur weil man im Burgenland gepackelt hat, ging der prestigetr­ächtige Chefsessel nicht verloren. Wäre man in der Steiermark etwas skrupellos­er gewesen, hätte man den Landeshaup­tmann retten können. Strache ist mit 31. Mai, dem Tag der Doppelwahl, in die Superliga des Königsmach­ers aufgestieg­en.

Umso tiefer sitzt der Doppelscho­ck in den roten Parteizent­ralen. Für Werner Faymann ist nach Rot-Blau im Burgenland nun der Verlust des steirische­n Landeshaup­tmanns die nächste bittere Pille. Schon am Mittwoch ließ Faymann kein gutes Haar an den Umwälzunge­n in der Grünen Mark. In der heutigen „Kronen Zeitung“setzt der SPÖ-Chef noch eins drauf und meint: „Von Schützenhö­fer würde ich nicht einmal einen Gebrauchtw­agen kaufen.“

Doch der Frontalang­riff lenkt vom tieferen Dilemma, in das die SPÖ geschlitte­rt ist, ab. Denn während die ÖVP nie wirkliche Berührungs­ängste mit den Freiheitli­chen hatte, müssen die Sozialdemo­kraten den Offenbarun­gseid leisten und die Gretchenfr­age beantworte­n: Nun, wie hast du’s mit der FPÖ? Wien als Landeshaup­tstadt ist in dieser Frage eine rote Insel der Seligen. Strache müsste mit den Grünen koalieren, um die SPÖ aus dem Rathaus zu jagen.

Anders die Lage in Oberösterr­eich, das auch im Herbst wählt. Über Nacht haben die roten Bürgermeis­ter von Linz, Steyr und Wels (Vize) der bisherigen Ausgrenzun­gspolitik eine Absage erteilt. Und wenn es blöd hergeht, droht der SPÖ 2018, wenn im Bund und in Kärnten gewählt wird, der Verlust des Kanzlers und des Landeshaup­tmanns, selbst wenn man auf Platz eins landet. Peter Kaiser, einst Klub- obmann der legendären Chianti-Koalition, hat bereits festgehalt­en, dass er nicht „bis in alle Ewigkeit“einer Koalition mit der FPÖ eine Absage erteilen wolle.

„Hos’n runtergela­ssen“

Die SPÖ hat die Wahl zwischen Pest und Cholera: Halte ich an meinen ehrwürdige­n roten Prinzipien fest und lande auf der Opposition­sbank? Oder springe ich über den Schatten und verleugne meine DNA? Josef Muchitsch, der wortgewalt­ige Baugewerks­chafter, lieferte sich im ORF-Radio einen Schlagabta­usch mit der oberösterr­eichischen SJ-Chefin Fiona Kaiser, die sich empört über RotBlau zeigte. „Ich kann natürlich weiterhin links vor mich hinträumen und lasse mich dann rechts überholen“, konterte Muchitsch. „Da bin ich lieber Realsozial­ist.“In der Steiermark hätten seine Parteifreu­nde „die Hos’n runtergela­ssen bis unter die Knöchel, um mitgestalt­en zu dürfen. Das kann’s doch nicht sein“.

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