Strache als Königsmacher der Roten
Die SPÖ steht unter Doppelschock. Es ist die FPÖ, die über Aufstieg und Fall von roten Landeschefs entscheidet.
A N A LY S E
Augen zu und durchtauchen bis zum 11. Oktober: So ungefähr lautet die Devise in der Bundes-SPÖ. Das verblüfft kaum, die meisten Akteure stammen aus der Bundeshauptstadt und wollen sich bis zur Wien-Wahl nicht durch PolitErdbeben draußen in der Provinz aus dem Konzept bringen lassen – Konzept, das da lautet: Strache ist der personifizierte „Anti-Wiener“, der mit seinen wüsten Parolen Wien als Welthauptstadt der Lebensqualität gefährdet.
„Kein Gebrauchtauto“
Was im Burgenland und in der Steiermark passiert ist, entlarvt sich mit der Distanz von 36 Stunden als größter anzunehmender Polit-Unfall: Die SPÖ ist bei der Kür der Landeshauptleute auf Gedeih und Verderb der FPÖ ausgeliefert. Nur weil man im Burgenland gepackelt hat, ging der prestigeträchtige Chefsessel nicht verloren. Wäre man in der Steiermark etwas skrupelloser gewesen, hätte man den Landeshauptmann retten können. Strache ist mit 31. Mai, dem Tag der Doppelwahl, in die Superliga des Königsmachers aufgestiegen.
Umso tiefer sitzt der Doppelschock in den roten Parteizentralen. Für Werner Faymann ist nach Rot-Blau im Burgenland nun der Verlust des steirischen Landeshauptmanns die nächste bittere Pille. Schon am Mittwoch ließ Faymann kein gutes Haar an den Umwälzungen in der Grünen Mark. In der heutigen „Kronen Zeitung“setzt der SPÖ-Chef noch eins drauf und meint: „Von Schützenhöfer würde ich nicht einmal einen Gebrauchtwagen kaufen.“
Doch der Frontalangriff lenkt vom tieferen Dilemma, in das die SPÖ geschlittert ist, ab. Denn während die ÖVP nie wirkliche Berührungsängste mit den Freiheitlichen hatte, müssen die Sozialdemokraten den Offenbarungseid leisten und die Gretchenfrage beantworten: Nun, wie hast du’s mit der FPÖ? Wien als Landeshauptstadt ist in dieser Frage eine rote Insel der Seligen. Strache müsste mit den Grünen koalieren, um die SPÖ aus dem Rathaus zu jagen.
Anders die Lage in Oberösterreich, das auch im Herbst wählt. Über Nacht haben die roten Bürgermeister von Linz, Steyr und Wels (Vize) der bisherigen Ausgrenzungspolitik eine Absage erteilt. Und wenn es blöd hergeht, droht der SPÖ 2018, wenn im Bund und in Kärnten gewählt wird, der Verlust des Kanzlers und des Landeshauptmanns, selbst wenn man auf Platz eins landet. Peter Kaiser, einst Klub- obmann der legendären Chianti-Koalition, hat bereits festgehalten, dass er nicht „bis in alle Ewigkeit“einer Koalition mit der FPÖ eine Absage erteilen wolle.
„Hos’n runtergelassen“
Die SPÖ hat die Wahl zwischen Pest und Cholera: Halte ich an meinen ehrwürdigen roten Prinzipien fest und lande auf der Oppositionsbank? Oder springe ich über den Schatten und verleugne meine DNA? Josef Muchitsch, der wortgewaltige Baugewerkschafter, lieferte sich im ORF-Radio einen Schlagabtausch mit der oberösterreichischen SJ-Chefin Fiona Kaiser, die sich empört über RotBlau zeigte. „Ich kann natürlich weiterhin links vor mich hinträumen und lasse mich dann rechts überholen“, konterte Muchitsch. „Da bin ich lieber Realsozialist.“In der Steiermark hätten seine Parteifreunde „die Hos’n runtergelassen bis unter die Knöchel, um mitgestalten zu dürfen. Das kann’s doch nicht sein“.