ZUR PERSON
ten Gesellschaft aufheizt, dann braucht es wohl Aufklärung. Pascal Teixeira da Silva, geboren am 2. Oktober 1957. Nach Jusstudium und Ausbildung an der École Nationale d’Administration diplomatische Karriere in Bonn, Moskau, Lissabon und bei den UN in New York. Zudem hatte er diverse Posten im französischen Außenministerium inne. Seit 2014 Botschafter Frankreichs in Österreich. tät bedroht, daraus entsteht Unsicherheit. Darum ist der rechte Front National viel erfolgreicher als der linke Front Gauche von Jean-Luc Mélenchon. Deren Wirtschaftsprogramme variieren zwar nicht sehr, beide sind sozialistisch geprägt, aber der Front National kümmert sich auch um die Angst vor dem Identitätsverlust. Und das ist ebenso wichtig wie Arbeitslosigkeit oder sozialer Abstieg.
Weil den Menschen damit auch ein Stück Selbstbewusstsein zurückgegeben wird? DA SILVA: Ja, aber für die Identität braucht es auch eine gemeinsame Basis von Werten und einer Weltanschauung, die nicht nur Zukunft und Gegenwart, sondern auch Vergangenheit betrifft. Es ist wichtig, dass man weiß, woher man kommt. Ich persönlich kenne diese Erfahrung. Mein Vater ist nicht in Frankreich geboren. Er ist Franzose geworden.
Woher stammt er? DA SILVA: Aus dem Norden Portugals. Das Land seiner Vorfahren ist für ihn nie ein fremdes Land geworden, das war sein Geburtsland, aber die Frage nach seiner nationalen Identität hat er immer mit Frankreich beantwortet.
Hatte es Ihr Vater schwer? DA SILVA: Nicht wegen Ausländerfeindlichkeit. Es war schwer für ihn, weil er aus einer armen Familie stammt und weil er als Teenager die Besatzung Frankreichs durch die Nazis miterlebt hat.
Sie sind als Einwandererkind auf gute Schulen und Universitäten gegangen – wie haben Sie das hingekriegt? DA SILVA: Auch mein Vater kam zu Bildung, dank der Kirche. Er war sich bewusst, dass Bildung der Schlüssel ist.
Vermissen Sie in Wien Lissabon, New York oder Paris? DA SILVA: Obwohl die Hälfte meiner Vorfahren aus Portugal stammt und dort Saudade – also dieser Weltschmerz – zu den Menschen gehört: Ich bin kein Sehnsuchtsmensch. Das Leben ist zu kurz, um seine Zeit mit Sehnsucht aufzufüllen. Es gibt so viel Neues zu entdecken, das genieße ich in Wien wie anderswo. Aber ich vergesse nichts und alles bleibt bei mir, aber die Vergangenheit soll nie meine Gegenwart beeinträchtigen.