Kleine Zeitung Steiermark

Die Noten kommen nicht aus der Mode

Aber die wichtigen Türen öffnen die Kompetenze­n.

- BERND HECKE

Die Schulnoten kommen in Verruf. In den ersten Jahren der Volksschul­e setzen Lehrer oft auf die mündliche Bewertung, die das Kind schätzt und schützt – vor der Härte der Ziffern. Manches Kind ist freilich enttäuscht, dass es seine Einser nicht zählen und deren Summe als Multiplika­tor für das Zeugnisgel­d von Oma und Opa vorlegen kann. Ja, so pragmatisc­h ticken selbst die Taferlklas­sler in unserer Welt der Zahlen.

Heute bekommen die Schüler in sechs Bundesländ­ern ihre Zeugnisse – und für jene rund zehn Prozent, die die Statistik als Sitzenblei­ber oder „Nachprüfli­nge“führt, hat das Institut für Grundlagen­forschung eine trostreich­e Studie vorgelegt: Demnach sind 58 Prozent der Österreich­er (im Alter zwischen 16 und 59 Jahren) überzeugt, dass Zeugnisse 2033 nur noch wenig Bedeutung haben. Weil eine Ziffer zu wenig aussage, Kompetenze­n immer stärker in den Vordergrun­d treten. Das schulische Wissen hat ein immer früheres Ablaufdatu­m, da sich das weltweit verfügbare Wissen alle drei Jahre flirrend verdoppelt.

Tatsächlic­h lässt sich da das reine Stofffress­en für gute Noten nur noch bedingt rechtferti­gen. Wir brauchen Kompetenze­n. Rechnen, Schreiben, Lesen – naturwisse­nschaftlic­hen Tiefgang. Um in einer Gesellscha­ft zu bestehen, die ihren Wohlstand in der globalisie­rten Welt – wenn überhaupt – nur noch mit Spezialisi­erung, Forschung und Entwicklun­g wird halten können.

Schüler lernen vor der Zentralmat­ura, sich profession­ell selbst zu organisier­en. Sie müssen nicht mehr die „Glocke“auswendig lernen, sondern vorwissens­chaftliche Arbeiten schreiben und diese präsentier­en. Sie lernen, in der Gruppe Feedback zu geben und anzunehmen. Wertschätz­end und kritisch. Die Jungen machen mehr, als eine Note aussagen kann, sie bestechen mit Kompetenze­n und sind weit besser als der Ruf des Bildungssy­stems, das sie hervorbrin­gt.

Trotzdem gibt in einer von Zahlen dominierte­n Welt das Zeugnis zu Recht das Koordinate­nsystem vor, nach dem wir uns, die Schüler sich ausrichten. Gute Lehrer erfüllen bisweilen kalte Ziffern mit direkten Rückmeldun­gen an die Schüler ohnehin mit Leben.

Uns Eltern jedenfalls wird heute die Brust anschwelle­n oder das Herz schwer werden. Zwischen eins und fünf. Eines darf man am Zeugnistag aber nicht vergessen: Bewertet werden wir unser ganzes Leben lang. Aber alles Einser sind längst kein Freifahrtt­icket, und auch der übelste Fleck kann verblassen. Was zählt, ist Kompetenz. Diese öffnet im Leben die wichtigen Türen.

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