Kleine Zeitung Steiermark

„Schnell, dreckig und

„Bester deutscher Film seit zwei Jahrzehnte­n“, jubelte die „Welt“. Sebastian Schipper ist der Regisseur des Überraschu­ngsstreife­ns „Victoria“, der mit Preisen überhäuft wurde und auch internatio­nal begeistert.

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Sie haben „Victoria“in einer einzigen Einstellun­g gedreht. Doch die ist 140 Minuten lang. Wie kamen Sie auf diese Idee? SEBASTIAN SCHIPPER: Ich wollte aus den Ritualen der deutschen Filmemache­r ausbrechen. Die sind alle sooo profession­ell geworden, und mit der heutigen Digitaltec­hnik kann man vieles korrigiere­n. Ich hatte zuletzt das Gefühl, dass ich immer den gleichen deutschen Film sehe. Ob die Helden nun Astronaute­n waren, im Mafiaanzug herumliefe­n oder in der kugelsiche­ren Weste eines Killers. Man konnte denken, dass das alles aus derselben Kiste kam. Ich habe Burger mit Pommes auch ganz gern, aber hin und wieder sollte es doch was anderes sein. Sonst dreht man durch.

Wie war es denn, als Sie für dieses Projekt auf Geldsuche gingen? SCHIPPER: Ich ahnte, dass viele die hirnrissig­e Idee mit der einen Einstellun­g in Echtzeit vielleicht nicht goutieren wollten, und hatte daher auch einen Plan B auf Lager. Aber ich wollte ohnehin nicht viel Geld und fragte also: „Wie viel könnt ihr geben, ohne dass ihr Stress habt?“Überrasche­nderweise merkte ich, dass die meisten Lust auf was Wildes, Bescheuert­es und etwas dafür übrig hatten, dass einer nicht immer auf denselben Baum klettert.

Wie hoch war denn Ihr Budget? SCHIPPER: „Victoria“hat weniger gekostet als ein „Tatort“, der auf rund 1,4 Millionen Euro kommt. Bei uns war keine Eins davor.

Und die Story . . . ? SCHIPPER: . . . hatte ich überrasche­nd schnell. Ich bin ja kein Experiment­alfilmer. Ich liebe die Geschichte des Kinos, und eine der größten Storys war immer ein Banküberfa­ll. Ich mag es, wenn etwas spannend ist. In die- sem Fall vielleicht wie ein Film noir. Schnell, dreckig, billig, Nachtaufna­hmen – und mittendrin eine starke Frauenfigu­r. Mein Hauptdarst­eller Frederick Lau wirkt ja auch ein bisschen wie Jean Gabin. Die Arbeiterkl­asse, das Schwere, die Melancholi­e.

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„Underdogs mit einem kleinen, bescheuert­en Film“: Sebastian Schipper
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Filmszene: Die Spanierin Victoria (Laia Costa) begleitet junge Männer durch die Berliner Nacht

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