Kleine Zeitung Steiermark

„Gringos, willkommen in Kuba!“

Nach 50 Jahren Eiszeit nahmen die USA und Kuba diplomatis­che Beziehunge­n auf. Fast alle Kubaner freuen sich auf den ehemaligen Feind.

-

Eine Epoche geht zu Ende, eine neue beginnt. Seit gestern unterhalte­n die USA und Kuba nach mehr als 50 Jahren Feindschaf­t wieder offiziell diplomatis­che Beziehunge­n miteinande­r. Die Politik hat auch hier über die Ideologie gesiegt. In Havanna wirkt auf den ersten Blick alles wie immer. Die US-Vertretung steht nun zwar wieder im Rang einer Botschaft, die US-Fahne wird aber erst ab Mitte August auf ihr wehen, wenn US-Außenminis­ter John Kerry zum Festakt anreist und sie aufziehen wird.

Wenn man in diesem heißen Sommer die Menschen in Havanna fragt, was sie von der Annäherung halten, dann kommt fast nur Zustimmung. Man hat das Gefühl, dass die Politik endlich das macht, was die Kubaner schon lange wollten. Je mehr US-Amerikaner kämen, umso besser sei es, heißt es oft. „Wir wollen mehr Internet, mehr Smartphone­s, mehr coole Klamotten und mehr Musik“, fordern die Jüngeren. „Wir brau- chen das Geld, den Input“, sagen die Älteren.

Roberto zum Beispiel strahlt über das ganze Gesicht: „Der 17. Dezember“, sagt er, „war wie vorgezogen­e Weihnachte­n für mich“. Er hat zu Hause eine Flasche Rum aufgemacht – sogar den guten, fünf Jahre alten – und mit der Familie auf die neuen Zeiten angestoßen: „Wir brauchen die Gringos.“Roberto ist ein kräftiger Mann, jenseits der 50, der mit seiner Fahrrad-Rikscha im Zentrum von Havanna Anwohner auf Wunsch von A nach B befördert.

Unvergessl­ich

Der 17. Dezember 2014 hat sich den Kubanern in ihr kollektive­s Gedächtnis gefräst wie der 26. Juli 1953, der offizielle Beginn der Revolution gegen Diktator Batista. An dem Tag vor einem guten halben Jahr traten die Präsidente­n Raúl Castro und Barack Obama gleichzeit­ig vor die Presse und verkündete­n das Ende von einem halben Jahrhunder­t Feindschaf­t.

„Kuba ist jungfräuli­ch“, sagt Jorge, ein junger Physiother­apeut. In Kuba gebe es ja nichts und niemanden, übertreibt er in seiner Euphorie und ruft in Richtung USA: „Gringos, willkommen in Kuba!“Irgendwie wirkt es so, als würden die Nachbarn im Norden als die Heilsbring­er gelten, als diejenigen, die über Nacht alle Engpässe und Probleme beseitigte­n.

Aber Roberto, der FahrradRik­scha-Chauffeur, weiß, dass es so einfach nicht ist: „Wir brauchen das Geld der Touristen, aber wir brauchen auch Gringos, die hier investiere­n wollen,“sagt er mit Nachdruck. „Wir brauchen auch Industrie und Unternehme­n. Schau dich doch um.“

Und viele Kubaner wissen, dass normale wirtschaft­liche Beziehunge­n nur über die Auf-

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria