Mikl-Leitner stellt sich in Brüssel quer
Österreich und Ungarn machen die Aufnahme zusätzlicher Flüchtlinge von Vorleistungen der Italiener und Griechen abhängig.
An sich wollten die EU-Innenminister bei ihrem gestrigen Krisentreffen in Luxemburg 60.000 Flüchtlinge auf ganz Europa aufteilen, doch das Vorhaben endete im Chaos. So sperren sich Österreich und Ungarn gegen die sofortige Aufteilung von 40.000 bereits in Europa gestrandeten Flüchtlingen. Spanien, Portugal oder Bulgarien wollen nur einen Bruchteil der ihnen zugeschriebenen Quote erfüllen, Briten und Dänen wollen sich überhaupt nicht beteiligen. Deshalb konnten gestern nur 32.000 Plätze gefunden werden, es klafft eine Lücke von 8000.
Innenministerin Johanna MiklLeitner will ihre Zustimmung von zwei Bedingungen abhängig machen. Zum einen müssten andere Länder stärker belastet werden als Österreich, zum anderen müssten Griechenland und Italien endlich ihre Hausaufgaben bei der Registrierung der Flüchtlinge erfüllen. Vor allem sollten direkte Anlaufstellen an den EUAußengrenzen errichtet werden. „Es muss einfach gelingen, die Auswanderung direkt an Europas Außengrenzen zu stoppen.“
Vor Beginn der Sitzung sorgte Mikl-Leitner mit einem Interview im ARD-Morgenmagazin für gröbere Aufregung in Brüssel, als sie anklingen ließ, die Europäer könnten doch das Griechenland-Hilfspaket an die Bereitschaft der Athener Regierung über einen Aufbau eines „stabilen Hilfssystems“knüpfen. Unproblematisch für Mikl-Leitner ist hingegen die Aufteilung von 20.000 Menschen aus Flüchtlingslagern in Konfliktgebieten. Hier nimmt Österreich 1900 Personen auf.
„Unsolidarisches Kärnten“
In Österreich stellt die Flüchtlingsfrage die Koalition vor eine Zerreißprobe. Seit Tagen schießen sich SPÖ-Politiker (Niessl, Ostermayer, Darabos) auf Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Außenminister Sebastian Kurz ein. Gestern folgte die erste Rücktrittsaufforderung – durch die Kärntner SPÖ. Die Innenministerin sei „heillos“überfordert, konstatierte Landtagsabgeordnete Ines Obex-Mischitz. Landeshauptmann und SPÖ-Landeschef Peter Kaiser ließ ausrichten, dass er hinter der Forderung stehe. „Wer in einer so sensiblen Frage alle permanent vor den Kopf stößt, sollte sich ernsthaft fragen, ob sie die Richtige für diese Aufgabe ist“, so Obex-Mischitz.
Die Retourkutsche folgte prompt – und zwar durch ÖVPKlubobmann Reinhold Lopatka. „Es ist eigenartig, dass die Forderung ausgerechnet aus einem Land kommt, das die Flüchtlingsquote gar nicht erfüllt“, so Lopatka zur Kleinen Zeitung. Laut Innenministerium hat Kärnten die Quote nur zu 90 Prozent erfüllt. Rechnet man die Bundesquartiere in Krumpendorf und Villach dazu, sind es 95 Prozent. Lopatka setzt dann noch nach: „Ich hätte mir nicht erwartet, dass ein Land, das bei der Hypo auf unsere Solidarität angewiesen ist, sich als so unsolidarisch erweist.“