Brüsseler Murks statt europäischer Solidarität
Kriegsflüchtlinge werden Jahre in Österreich bleiben.
Sie wollten es nicht wahrhaben, die heimische Öffentlichkeit und die österreichischen Politiker, was sich schon vor Monaten angekündigt hatte. Ein Blick über den Tellerrand hätte genügt, um zu erahnen, dass die Flüchtlingsfrage diesen Sommer die Innenpolitik dominieren würde. Unser kleines Österreich ist so sehr mit der großen, weiten Welt verwoben, dass unsere nationale Politik zunehmend fremdbestimmt ist.
Millionen sind auf der Flucht, weil Staaten wie Syrien, Irak, Libyen in blutigen Kriegen zerfallen. Vielen bleibt nur die nackte Existenz, die meisten Flüchtlinge bleiben übrigens in der Region – in der Hoffnung auf ein baldiges Abflauen der Kämpfe, um wieder in die Heimat zurückkehren. Der kleine Libanon hat mehr Flüchtlinge aufgenommen als ganz Europa.
Die Ausläufer der Erschütterungen haben längst Österreich und Europa erreicht. In Salzburg wurden am Wochenende 84 aus dem Zug gefischt, gestern wurden bei Vösendorf 25 Syrer von Schleppern auf der Autobahn ausgesetzt. Täglich müssen in Österreich neue Großquartiere geschaffen werden. An der mazedonischen Grenze stürmten Hunderte Flüchtlinge einen Zug, und die kleine Ferieninsel Lesbos weiß nicht mehr, wie sie mit 4000 Flüchtlingen fertigwerden soll.
Die Politik versinkt in dieser – zugegeben – schwierigen Frage in völliger Hilflosigkeit. Die in Sonntagsreden gern beschworene Solidarität bleibt auf der Strecke, stattdessen regiert das Floriani-Prinzip – in Österreich wie auch in Europa: Quoten ja, sofern wir nicht davon betroffen sind.
Der Versuch der EU-Innenminister, sich auf die Verteilung von 60.000 Flüchtlingen zu einigen, endete gestern als Murks. Dass sich Österreich oder Ungarn quergelegt haben, mag man empörend finden, liegt aber an dem Schönheitsfehler der ganzen Übung: Entlastet werden sollen nur Griechenland und Italien, die – zugegeben – als allererste Anlaufstellen heillos überfordert sind. Briten und Dänen absentieren sich mit dem Verweis auf ihr Opt-out komplett, Spanier oder Portugiesen tun halbherzig mit. angsam sollte sich die heimische Politik, die derzeit im Krisenmodus agiert, mit anderen unbequemen Wahrheiten vertraut machen. Die meisten Kriegsflüchtlinge werden angesichts der Lage in ihrer Heimat noch Jahre in Österreich bleiben. Und so schnell wie im Kosovo werden die Waffen nicht schweigen. Die Hoffnung, dass die USA als Weltpolizist für Ordnung sorgen, ist von großer Naivität getragen. Künftig müssen es die Europäer selbst in die Hand nehmen. Inklusive Österreich.
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