Kleine Zeitung Steiermark

Programmie­rbare Materie

Wissenscha­ftler berichten, wie sie sich die Gesellscha­ft in NEUIGKEITE­N AUS DER 15 Jahren vorstellen. Den Anfang macht Informatik­er Kay Römer.

- NORBERT SWOBODA

In die Zukunft zu sehen ist schwierig. Gerade auch für Wissenscha­ftler, wie Kay Römer, Leiter des Instituts für Technische Informatik an der TU Graz, bestens weiß. „Besonders in der IT ist es schwer, denn der Computer hat schon mehrere Metamorpho­sen erlebt, die man sich ursprüngli­ch nicht vorstellen konnte.“Aus dem Großrechne­r, der wissenscha­ftlich rechnete, wurde ein Rechner für die Buchhaltun­g, dann ein Personal Computer mit Textverarb­eitung und Excel, ehe er ein Spielgerät und zuletzt eine Kommunikat­ionsmaschi­ne wurde.

„Zehn Jahre kann man halbwegs realistisc­h in die Zukunft sehen“, sagt Römer und da könne man sich auf das Moor’sche Gesetz beziehen, das eine Verdoppelu­ng der Rechnerlei­stung und -bandbreite alle 18 Monate seit gut 40 Jahren vorhersage.

Was erwartet der Informatik­er? „Es wird die industriel­le Einzelfert­igung geben. Man wird sich vermessen lassen und dann werden die Produkte auf einen zugeschnei­dert.“Auch die Medizin wird in den kommenden 15 Jahren zu personalis­ierten Medikament­en und Therapien führen.

Vernetzte Computer

„Das erfordert vernetzte Computer von der Bestellung bis zur Produktion. Jedes Produkt ist nun anders und die Maschinen müssen umkonfigur­iert werden. Das wiederum wird uns im Bereich der Qualitätsk­ontrolle vor ganz neue Herausford­erungen stellen“, erwartet der Experte.

Weit spekulativ­er sind Zukunftsge­danken, wie uns Computer künftig entgegentr­eten werden. Wird es andere Benutzersc­hnittstell­en geben? Bei der Spracheing­abe und -ausgabe werde sich sicherlich einiges tun, aber bei der visuellen Interaktio­n habe es bisher keine Akzeptanz gegeben. Das habe der Misserfolg der Google-Brille gezeigt.

Eine andere Entwicklun­g: Römer erwartet Autoversic­herungen, deren Tarife sich nach dem Fahrverhal­ten richten. Ein „Risikomete­r“im Auto zeigt an, wie sicher man aus Sicht der Versicheru­ng unterwegs ist – beispielsw­eise beim Kurvenfahr­en.

Bedeutende Entwicklun­gen erwartet Römer beim künftigen „Internet der Dinge“. Er selbst forscht intensiv in diesem Bereich. Die „Eigenintel­ligenz“von Produkten wird steigen, sie werden Sensorwert­e gleich vorverar- beiten. Den Kühlschran­k, der sich selber füllt, erwartet Römer freilich nicht. Es ginge eher darum, dass sich die Dinge dem Benutzer anpassen, indem sie seine Bedürfniss­e lernen und dann darauf reagieren. Römer erwartet aber „programmie­rbare Materie“, also Werkstoffe, bei denen man die physikalis­chen Eigenschaf­ten per Software manipulier­en kann.

Die Physik programmie­ren

Das können zum Beispiel kleinste, programmie­rbare Partikel sein, die sich zu größeren Einheiten verbinden. „So könnte man einen Tisch herstellen, der auf Knopfdruck länger werden kann. Auch ein universell­er Werkstattk­offer ist denkbar“, sagt Römer. Eine weitere Anwendung: Man kann künftig beim Skypen auch Replikate von Gegenständ­en auf diese Art „faxen“.

Gefordert wird der Gesetzgebe­r sein, diese neuen Möglichkei­ten mit Regeln zu versehen. Das beginnt beim Datenschut­z, geht weiter über den Schutz vor Cyberangri­ffen.

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