Wenn Gesetz auf Gewissen trifft
Der Roman „Eine Handvoll Rosinen“gibt Einblick in die Welt des Asyls. Leicht erzählt und doch in aller Härte setzt es sich mit der Situation in und um Traiskirchen auseinander.
Viel ist zuletzt über echte Kriegsflüchtlinge gesprochen und geschrieben worden und über falsche Wirtschaftsflüchtlinge, die vor der Armut in ein vermeintlich besseres Leben flüchten und als nicht anerkannte Asylanten wieder zurückgeschickt werden. Über skrupellose Schlepper und Schleuser und über Politiker, die bislang erfolglos nach langfristigen Lösungen suchen, um dem Zustrom und dem massenhaften Tod Herr zu werden. Über Anwohner, die mit Kraft, Geld und Zuspruch helfen, und solche, die mit Skepsis, Ablehnung und Hass auf Neuankömmlinge reagieren.
Doch eine Gruppe schafft es nicht ins Rampenlicht, allenfalls als Randfiguren, als notwendige Statisten für diese Tragödie, die sich mehr und mehr zu einer Katastrophe entwickelt. Grenzer, Fahnder, Fremdenpolizisten sind mit der Wucht des Anströmenden am unmittelbarsten konfron- tiert. Sie müssen unterscheiden zwischen Gut und Böse, wo menschliches Leid, meist unerfüllbare Hoffnung und die Paragrafen des Gesetzes aufeinandertreffen. Daniel Zipfel kennt die Problematik seit fast einem Jahrzehnt aus eigener Anschauung. Der Deutsche ist Asylberater in Österreich und hat sich mit zahlreichen Veröffentlichungen bereits einen Namen als Autor gemacht. Nun hat der Freiburger seinen ersten Roman geschrie- ben und den lässt er – brandaktuell – im Erstaufnahmelager Traiskirchen spielen. Doch nicht die Flüchtlinge spielen die Hauptrolle, sondern Ludwig Blum. Ein Polizist, der an Recht glaubt und Gerechtigkeit. Ein staatlicher Held, ein Hüter der Gesetze, der hilft und der Hilfe unterlässt, wo sie das Gesetz nicht zulässt. Und dabei reflektiert Blum über das, was überall als „europäisches Problem“gesehen wird und doch immer wieder auch ein Einzelschicksal ist, ein Menschenleben.
Der Roman gibt keine Antworten, ist aber in erzählerischer Lust ein Einblick in die Routine der Bürokratie im Asylwesen und in das Schleppergewerbe, in die (oft notwendige) Härte der Fremdenpolizei. Verhöre, Anträge, Abschiebehaft, Lageralltag. Detailgetreu, wortgewaltig, faktengerecht, wissend erzählt der Jurist Zipfel aus der Sicht jener, die die Krise Tag für Tag verwalten müssen.