Regierung fordert mehr Solidarität
Der Vizekanzler attackiert die FPÖ und der Kanzler will Nachbarn auf die Zehen steigen.
WIEN. Weil Ungarn am Montag Hunderte Flüchtlinge einfach in überfüllten Zügen nach Österreich einreisen ließ, übt die Regierung scharfe Kritik am östlichen Nachbarn. Die ungarische Vorgehensweise sei, wie Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) vor dem Ministerrat sagt, „völlig unverantwortlich“. Auch die Ankündigung Deutschlands, die sogenannte Dublin-Regelung für Syrer auszusetzen, sei laut ihr ein Fehler gewesen. Dies habe nur dazu geführt, dass nun täglich Hunderte Asylwerber über Österreich nach Deutschland pilgern würden.
Die Dublin-Verordnung sieht vor, dass Ankömmlinge in jenem EU-Staat Asyl beantragen müssen, in dem sie erstmals EU-Boden betreten. „Freilich“, sagt Faymann, „funktioniert Dublin nicht mehr.“Dies sei jedoch kein Grund, sich nicht an EU-Regeln zu halten. Dass auch Österreich Flüchtlinge de facto gar nicht an der Durchreise nach Deutschland hindert, ist für Mikl-Leitner keineswegs verwerflich: „Wir halten uns nach wie vor an Dublin.“Man könne momentan aber nur stichprobenartige Kontrollen durchführen, sagt sie. Doch nicht nur die Innenministerin kritisiert Österreichs Nachbarstaaten. Fay- mann will in bilateralen Gesprächen Tschechien und die Slowakei dazu bewegen, einer Asylquote zuzustimmen. Notfalls müsse man ihnen EU-Förderungen streichen, droht er. Außerdem werde die Regierung in einer Klausur beraten, wie man mit den Zehntausenden Asylwerbern umgehen soll, wenn sie den Flüchtlingsstatus bekommen haben. „Da geht es um Unterbringung, Arbeitsmarkt und Schule“, sagt Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner.
Bei der Asyl-Sondersitzung des Nationalrates attackierte Mitterlehner indes die FPÖ scharf und warf den Blauen Hetze gegen Asylwerber vor. „Jeder Mensch“, sagt er in Richtung FPÖ-Bank, „ist in seiner Würde gleich.“Der Antrag für das geplante Durchgriffsrecht wurde indes eingebracht. Es soll Ende September beschlossen werden und am 1. Oktober in Kraft treten. Die darin verankerte Flüchtlingsquote von 1,5 Prozent pro Gemeinde sei für Mitterlehner „zumutbar“. Faymann geht davon aus, dass man das Gesetz „in den seltensten Fällen“anwenden werde, weil die Länder schon jetzt aufgrund des Gesetzes ohnehin engagierter im Bereitstellen von Asylunterkünften seien.