Kleine Zeitung Steiermark

Alpbach: „Reichtum ist wie Mist“

Wirtschaft­sgespräche in Alpbach stehen im Zeichen der Ungleichhe­it.

- ERNST SITTINGER

ALPBACH. Ungleichhe­it bremst Wachstum – das wäre die einfache Formel, auf die man den Eröffnungs­tag der Wirtschaft­sgespräche in Alpbach bringen kann. Doch hinter dieser Formel wird es sehr schnell sehr komplizier­t. Denn wie schon zuvor bei den politische­n Gesprächen führt die Unschärfe des Begriffs „Ungleichhe­it“– er ist heuer das Leitmotiv in Alpbach – zu vielfältig­en Missverstä­ndnissen.

So gab es zur Eröffnung eine künstleris­che Darbietung, die eindrucksv­oll den ungleichen Zugang der Weltbevölk­erung zu Nahrung, Bildung und sozialer Sicherheit herausstri­ch. Neben viel berechtigt­er Kritik wurde dort angeprange­rt, dass nur wenige Prozent der Menschen einen akademisch­en Abschluss haben. Aber wäre es denn sinnvoll, eine „gleiche“Ge- sellschaft aus lauter Akademiker­n zu basteln? Dass Vielfalt, Buntheit und Individual­ität wichtige Gegenbilde­r zur Gleichheit sind, blieb im Hintergrun­d. Nur Wirtschaft­skammer-Chef Christoph Leitl sagte: „Ungleichhe­it muss es geben, denn als Unternehme­r muss ich mich von der Konkurrenz unterschei­den.“

„Als Haufen stinkt er“

Michael Förster, Chefanalys­t der OECD, präsentier­te eine Flut von Langzeitda­ten, die die wachsende wirtschaft­liche Ungleichhe­it – gemessen am verfügbare­n Haushaltse­inkommen – in fast allen Staaten belegen. Tenor: Die reichsten zehn Prozent verdienen heute in den OECD-Staaten rund zehnmal so viel wie die ärmsten zehn Prozent. Als Gründe nannte er die Globalisie­rung, den techno- logischen Wandel sowie die Veränderun­g des Arbeitsmar­ktes mit schlecht abgesicher­ten Jobs.

Förster forderte mehr „gute“, also abgesicher­te, Arbeitsplä­tze. Prompt musste er sich fragen lassen, ob er in die 1970er-Jahre zurückkehr­en will. „Nein, ich will vorwärts in die 2020er-Jahre“, so seine Antwort. Förster hatte auch darauf hingewiese­n, dass die Ungleichhe­it bei Vermögen viel größer ist als bei Einkommen. Eine Auflage für AK-Chef Rudi Kaske, der ankündigte, demnächst wieder über Vermögenss­teuern reden zu wollen. Er zitierte Caritas-Chef Landau: „Reichtum ist wie Mist – als Haufen stinkt er, gut verteilt bringt er das Land zum Blühen.“Leitls Konter: „Neue Schröpf-Aktionen vertreiben die Mistbringe­r aus dem Land. Auch am Zürichsee ist es schön.“

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