DerMilchgigantaus dem Nachbarland
„Alles Müller, oder was?“Von der Dorfmolkerei zum Lebensmittelriesen. In Deutschland kann man die Kritik aus Österreich nicht verstehen.
AUGSBURG. Seit dem Fall der Milchquote und der Preise stößt österreichischen Milcherzeugern die große Konkurrenz aus Deutschland vermehrt sauer auf – nicht erst, seit Andreas Gabalier dort die Werbetrommel rührt. „Wir reiben uns manchmal verwundert die Augen, welche Attribute uns und vor allem den deutschen Milcherzeugern aus Österreich angedichtet werden“, erklärt Ute Heder-Treu, Sprecherin der Marke Müller Milch. „Immer wieder lesen wir zum Beispiel, dass wir mit Dumping-Preisen den Markt drücken würden. Wer so etwas behauptet, hat ebendiesen nicht verstanden.“In Österreichs Regalen ist Müller Milch mit fast einem Dutzend Produkten vertreten, der Marktanteil beim Absatz liegt eigenen Angaben zufolge bei 4,5 Prozent, beim Umsatz bei 5,9 Prozent. „Alles Müller, oder was?“– der Müller’sche Werbeslogan gilt in Österreich also nicht ganz.
Und doch steht hinter dem Namen ein Konzern, der in den vergangenen Jahren kräftig gewachsen ist. Die „Süddeutsche Zeitung“tituliert Firmen-Patriarch Theo Müller (75), sein Vermögen wird auf 2,6 Milliarden Euro geschätzt, zu Recht als „Deutschlands Milchmann Nummer eins“, in dessen Molkereien täglich 4,66 Millionen Kilo Rohmilch angeliefert werden: 1971 hat Müller, damals 31 Jahre alt, die Molkerei seines Großvaters in Aretsried bei Augsburg über- nommen, sie zählte damals vier Angestellte. Heute beschäftigt die Firmengruppe 20.000 Mitarbeiter und macht fünf Milliarden Euro Umsatz im Jahr.
Bekannte Töchter
Müllers Gruppe, die seit 2011 von Luxemburg aus geführt wird, umfasst schon jetzt eine Reihe von Tochterfirmen und Marken. In Österreich am bekanntesten ist die Gastrokette Nordsee mit weltweit 400 Standorten. Nordsee gehörte zuerst Theo Müllers Unternehmerfreund Heiner Kamps. Müller übernahm die Mehrheit an Kamps’ Unternehmen, Kamps wurde dafür ab 2011 Vorstandschef der gesamten Gruppe. In drei Jahren baute Kamps den Konzern von 5000 auf 20.000 Mitarbeiter und von zwei Milliarden auf fünf Milliarden Euro Umsatz aus. Seit einem Jahr ist Ronald Kers (44) an der Spitze und verfolgt ähnlich ehrgeizige Ziele. Unrund läuft es für die Müller Milch nur in den USA. Dort schwächelt der Absatz, da die Amerikaner von der Milch mit dem Umlaut im Namen bisher wenig angetan sind.
Im Konzert der globalen Milchverarbeiter steht die Müller Milch laut einer Übersicht der Rabobank an 20. Stelle. Größer in Deutschland ist nur die Genossenschaft DMK (Deutsches Milchkontor). Unangefochten an erster Stelle steht der Nestlé-Konzern, Jahresumsatz fast 21 Milliarden Euro.