Kleine Zeitung Steiermark

Stolzer Diener der Avantgarde

Zum Tod des Grazer Literaten Helmut Schranz (1963–2015).

- UTE BAUMHACKL

GRAZ. „Oft genügt ein einziges falsches Wort, und die Dinge erhalten ihren letzten tiefen Sinn.“So steht es in seinem Buch „Schöner fehlen. stille exzesse“(Verlag NN-fabrik, 1998). Aus Helmut Schranz’ Werk funkeln einem viele solcher Sätze entgegen. Ihr Witz täuscht nicht darüber hinweg, dass seine Sprachkuns­t auf tiefer Skepsis gegenüber dem Literaturb­etrieb und seinen gefälligen Produkten fußte. Schranz rang in seinem Schreiben um ein zeitgenöss­isches Modell der Avantgarde; seine Texte wussten sich spielerisc­h allen ökonomisch­en und ideologisc­hen Diktaten zu widersetze­n und waren geprägt von größter Behutsamke­it im Umgang mit dem Wort.

Aus der Hand gab er nur detaillier­test ausgefeilt­e Texte – was mit erklärt, warum er in den letzten Jahren nur zwei Bücher veröffentl­ichte: „Birnall es ist unter der haut“(2009) und „Birnall. suada. lyrik vulgo prosa“(2015), beide erschienen im Klagenfurt­er Ritter-Verlag. Weitaus produktive­r war der 1963 in Feldbach geborene Grazer im Kollektiv, in Gemeinscha­ftsprojekt­en etwa mit Dieter Sperl („Reden Sie auch manchmal über Dinge, die es gibt“, Hörspiel, 1997) und seit 1988 als Mitherausg­eber der in Graz und Berlin erscheinen­den Literaturz­eitschrift „perspektiv­e“. Seit 1991 leitete er deren Grazer Redaktion.

Gemeinsam mit Sylvia Egger und Ralf B. Korte gab Schranz hier nicht nur dem literarisc­hen Experiment – und schon früh der Computerli­teratur und der Netzkunst – eine Plattform, in ständigem Diskurs wurde der Avantgarde­begriff der Zeitschrif­t geprüft und konvertier­t. „Als solches ist die Redaktions­arbeit ein poetologis­ches Mammutwerk“, hält Paul Pechmann, Schranz’ Lektor bei Ritter, fest. Am Wochenende wurde bekannt, dass Schranz (52) den Komplikati­onen einer Krebserkra­nkung erlegen ist. Seine intellektu­elle und literarisc­he Autonomie wird fehlen.

 ??  ?? Autor und „perspektiv­e“Mitherausg­eber Helmut Schranz: unermüdlic­hes Ringen um ein zeitgenöss­isches Modell der literarisc­hen Avantgarde
Autor und „perspektiv­e“Mitherausg­eber Helmut Schranz: unermüdlic­hes Ringen um ein zeitgenöss­isches Modell der literarisc­hen Avantgarde

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