„Herumwarten ist gefährlich“
AMS-Chef Johannes Kopf befürwortet eine differenzierte Öffnung.
kann sich erstmals auch die SPÖ einen schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt vorstellen. In SPÖKreisen wird der von Sozialminister Rudolf Hundstorfer angedeutete Kurswechsel bestätigt, bisher stand vor allem der ÖGB auf der Bremse. Allerdings will man den Schritt nur im Gleichklang mit EU-Partnern gehen.
Bekanntlich will Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die Öffnung in der EU durchsetzen. Gestern schloss sich Kanzlerin Merkel der Jun-
KO ST E N cker-Linie an. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner zeigt sich überraschend optimistisch vor dem EU-Sonderrat am Montag. Bei der Sitzung soll eine Quote für die Verteilung von 160.000 Flüchtlingen fixiert werden. Estland und Lettland signalisieren mittlerweile auch ihre Zustimmung, in Lettland wird darüber noch gestritten.
Die USA kündigten nun an, in den nächsten Monaten mindestens 10.000 Syrer aufzunehmen, bislang waren es 1500. Was halten Sie vom sofortigen Zugang zum Arbeitsmarkt? JOHANNES KOPF: Den Vorschlag von Kommissionschef Juncker halte ich für schlecht. Die totale Öffnung würde eine Sogwirkung erzeugen. Asylwerber aus Ländern mit geringer Anerkennungsquote würden in großer Zahl nach Europa kommen.
Könnte man nicht differenzieren? KOPF: Ich habe vor eineinhalb Jahren einen Vorschlag gemacht. Man sollte unterscheiden zwischen jenen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit Asyl bekommen wie Syrer, und jenen, die kaum Chancen haben, wie Pakistanis. Ich diskriminiere bewusst nach Nationalität.
Ist das rechtlich möglich? KOPF: Es gibt Juristen, die keine Probleme darin sehen. Ich plädiere aus folgendem Grund für eine Öffnung: Das Schlechteste bei der Integration in den Arbeitsmarkt ist das Zuwarten. Wenn Asylverfahren lang dauern, produziert man de facto Langzeitarbeitslose. Solche Menschen sind viel schwieriger zu vermitteln. Es ist gefährlich, wenn jemand, den man integrieren will, ein Jahr lang zum Nichtstun und Herumwarten verurteilt ist.
Führt das nicht zur Verdrängung am ohnehin höchst angespannten Arbeitsmarkt? KOPF: Aktuell sicher nicht. Die Flüchtlinge sind eher schlecht qualifiziert.
Die Syrer sind aber besser qualifiziert? KOPF: Stimmt, aber sie sind deshalb noch nicht sehr gut. Wir haben gerade ein Pilotprogramm laufen. Erste Ergebnisse besagen: Wenn man den Flüchtlingen Deutsch beibringt, sind 20 Prozent vermittelbar. Das heißt im Umkehrschluss, 80 Prozent sind es nicht. Auch muss man etwa zwischen Syrern und Afghanen unterscheiden. Die Syrer waren sieben Jahre in der Schule. Die Flüchtlinge nehmen den Österreichern nicht die Jobs weg? KOPF: Eine solche Verdrängung gibt es bei Deutschen und Ungarn, nicht bei Flüchtlingen. Es wird schwierig sein, für diese Menschen einen Job zu finden. Die Arbeitslosigkeit wird steigen, aber nicht, weil Österreicher durch Flüchtlinge den Job verlieren, sondern weil Flüchtlinge dazukommen? KOPF: Das sehen wir jetzt schon. Die Zahlen steigen, weil anerkannte Flüchtlinge miteingerechnet werden.
Ist es nicht eine Katastrophe, dass die meisten Flüchtlinge in die Arbeitslosigkeit wechseln? KOPF: Ich sehe das nicht so pessimistisch. Die Menschen sind sehr motiviert und flexibel. Das könnte man etwa im Tourismus oder in der Landwirtschaft nutzen, wo man oft kaum Österreicher findet, die diese Mobilität aufbringen.