Kleine Zeitung Steiermark

Arbeit ist kein Angstthema mehr

Flüchtling­e sollen rasch zur Wertschöpf­ung beitragen.

- ADOLF WINKLER

Jeder Asylwerber sollte „vom ersten Tag an“arbeiten dürfen. Mit diesem Satz in seiner Rede zur Aufteilung der Flüchtling­e in Europa hat EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker mehr in Bewegung gesetzt als alle Gipfel der EU-Arbeits- und Sozialmini­ster. Die EU muss sich auf einmal zugleich ihren beiden größten Herausford­erungen – Jobs und Asyl – stellen.

Wie sich die trostlosen Bilder gleichen: Frustriert­e Jugendlich­e auf Straßen und Plätzen bei sinnentlee­rtem Warten auf Arbeit, vor allem in Südeuropa. Gelangweil­t bis entnervt vor Flüchtling­sheimen herumstehe­nde, weil zur Untätigkei­t verdammte Asylwerber. Der Kontinent, erstarrt in Gleichgült­igkeit gegenüber Jugendarbe­itslosenhe­eren, wird plötzlich überrannt und wachgerütt­elt.

Es ist die Stunde, beide Potenziale zu heben: die Tatkraft der Jugend und den Arbeitswil­len der Flüchtling­e. Ihre Hoffnungen mit Angstparol­en gegeneinan­der auszuspiel­en, ist zynisch – und nicht leistbar.

Das humanitäre Asylrecht ist nicht mit einem Recht auf Arbeit verbunden, stattdesse­n bisher mit der absurden Pflicht zum Nichtstun. So sieht die Wirklichke­it für Asylwerber in Österreich aus: Von der Registrier­ung bis zum ersten vertiefend­en Interview im Asylverfah­ren dauerte es bisher, wie Asylbetreu­er berichten, im Schnitt neun Monate. Bis zum Asylbesche­id vergehen oft Jahre des Zwangsnich­tstuns. „Ich kann es nicht mehr ansehen“, sagte in Alpbach die InfineonCh­efin Sabine Herlitschk­a.

Die deutsche Bundeskanz­lerin Angela Merkel erklärte gestern die rasche Arbeitsver­mittlung von Asylberech­tigten zur Priorität. Doch schon für Asylwerber ist zu fragen: Was fördert Integratio­n eher als arbei- ten? Tragen Leistung und Steuern nicht zur Wertschöpf­ung aller bei? Gewinnt Selbstwert nicht am besten, wer sich selbst erhält? Hilft nicht sinnvolles Tun ehest über Kriegstrau­mata hinweg? Wäre ergänzend obligatori­sche gemeinnütz­ige Arbeit im Asylverfah­ren denkbar?

Selbst Sozialmini­ster Rudolf Hundstorfe­r und der ÖGB legen nun ihre Angst vor Flüchtling­en auf österreich­ischen Arbeitsplä­tzen ab. Die rasche Arbeitsgen­ehmigung mit dem sogenannte­n Ersatzkräf­teverfahre­n – also dort, wo sich kein Inländer für eine Stelle findet – soll für Asylwerber kein Tabu mehr sein. Die Wirtschaft­svertreter wissen, worum sie dabei ringen: um Fachkraft, die fehlt. m Auflösen starrer Bestimmung­en liegt der Schlüssel für flexiblen Zugang, der erst recht heimischen Arbeitskrä­ften offen sein muss. Europa kann dafür Integratio­nswillen und Respekt für klare Regeln seiner Leitkultur einfordern.

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