Arbeit ist kein Angstthema mehr
Flüchtlinge sollen rasch zur Wertschöpfung beitragen.
Jeder Asylwerber sollte „vom ersten Tag an“arbeiten dürfen. Mit diesem Satz in seiner Rede zur Aufteilung der Flüchtlinge in Europa hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mehr in Bewegung gesetzt als alle Gipfel der EU-Arbeits- und Sozialminister. Die EU muss sich auf einmal zugleich ihren beiden größten Herausforderungen – Jobs und Asyl – stellen.
Wie sich die trostlosen Bilder gleichen: Frustrierte Jugendliche auf Straßen und Plätzen bei sinnentleertem Warten auf Arbeit, vor allem in Südeuropa. Gelangweilt bis entnervt vor Flüchtlingsheimen herumstehende, weil zur Untätigkeit verdammte Asylwerber. Der Kontinent, erstarrt in Gleichgültigkeit gegenüber Jugendarbeitslosenheeren, wird plötzlich überrannt und wachgerüttelt.
Es ist die Stunde, beide Potenziale zu heben: die Tatkraft der Jugend und den Arbeitswillen der Flüchtlinge. Ihre Hoffnungen mit Angstparolen gegeneinander auszuspielen, ist zynisch – und nicht leistbar.
Das humanitäre Asylrecht ist nicht mit einem Recht auf Arbeit verbunden, stattdessen bisher mit der absurden Pflicht zum Nichtstun. So sieht die Wirklichkeit für Asylwerber in Österreich aus: Von der Registrierung bis zum ersten vertiefenden Interview im Asylverfahren dauerte es bisher, wie Asylbetreuer berichten, im Schnitt neun Monate. Bis zum Asylbescheid vergehen oft Jahre des Zwangsnichtstuns. „Ich kann es nicht mehr ansehen“, sagte in Alpbach die InfineonChefin Sabine Herlitschka.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte gestern die rasche Arbeitsvermittlung von Asylberechtigten zur Priorität. Doch schon für Asylwerber ist zu fragen: Was fördert Integration eher als arbei- ten? Tragen Leistung und Steuern nicht zur Wertschöpfung aller bei? Gewinnt Selbstwert nicht am besten, wer sich selbst erhält? Hilft nicht sinnvolles Tun ehest über Kriegstraumata hinweg? Wäre ergänzend obligatorische gemeinnützige Arbeit im Asylverfahren denkbar?
Selbst Sozialminister Rudolf Hundstorfer und der ÖGB legen nun ihre Angst vor Flüchtlingen auf österreichischen Arbeitsplätzen ab. Die rasche Arbeitsgenehmigung mit dem sogenannten Ersatzkräfteverfahren – also dort, wo sich kein Inländer für eine Stelle findet – soll für Asylwerber kein Tabu mehr sein. Die Wirtschaftsvertreter wissen, worum sie dabei ringen: um Fachkraft, die fehlt. m Auflösen starrer Bestimmungen liegt der Schlüssel für flexiblen Zugang, der erst recht heimischen Arbeitskräften offen sein muss. Europa kann dafür Integrationswillen und Respekt für klare Regeln seiner Leitkultur einfordern.
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