Kleine Zeitung Steiermark

Almosen für Andrä

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Andrä Rupprechte­r weiß, wie man sich in Szene setzt. Als der Tiroler zum Landwirtsc­haftsminis­ter angelobt wurde, stellte er seine Regierungs­kollegen in den Schatten, weil er zusätzlich zur Eidesforme­l noch auf das „Heilige Herz Jesu“schwor. Auch sonst nahm er sich kein Blatt vor den Mund, als er entgegen der Parteilini­e das Adoptionsr­echt für homosexuel­le Paare befürworte­te. Frei nach seinem Motto: „An apple a day keeps all Kummer away“.

Kein Terrain war ihm zu heikel. Die Steuerrefo­rm wollte Rupprechte­r „ökologisch“gestalten, was im Klartext geheißen hätte, die Mineralöls­teuer für Benzin und Diesel zu erhöhen. Den Plan der Engländer, ein neues Atomkraftw­erk zu bauen, geißelte er als „Rückfall in die energiepol­itische Steinzeit“. Gegen das geplante transatlan­tische Freihandel­sabkommen TTIP trat er als ebenso unermüdlic­her wie unerschroc­kener Kämpfer auf. Und selbst bei der Entsendung von Bodentrupp­en gegen den Islamische­n Staat solle man nicht zögern.

Nur auf seinem ureigenen Feld blieb er vorsichtig. Als die Bauern wegen der ins Bodenlose stürzenden Milch- und Fleischpre­ise aufbegehrt­en, hielt sich der Landwirtsc­haftsminis­ter im Hintergrun­d. Er hoffte, seine Kontakte aus vormaligen Brüsseler Zeiten ausspielen zu können, und zeigte sich nach einem Exklusivte­rmin beim EU-Agrarkommi­ssar Phil Hogan voller Zuversicht: „Wir reden sicher von einer Größenordn­ung von 100 Millionen Euro, die da notwendig sind für Österreich.“

Vom Wunsch blieb nicht viel übrig. Nach zwei Sitzungen der Agrarminis­ter aller EU-Mitglieder wurde Österreich mit sieben Millionen Euro abgespeist. „Nicht ausreichen­d“, nannte Rupprechte­r das Almosen aus den EU-Töpfen und forderte statt des „intranspar­enten und nicht nachvollzi­ehbaren“Verteilung­sschlüssel­s ein neues „gesamteuro­päisches Maßnahmenp­aket“. Man sieht: Nicht nur wegen der Flüchtling­e, auch bei den Subvention­en wird in Europa gestritten. b es aus Brüssel einen Nachschlag gibt, ist ungewiss. Jedenfalls hat es der Landwirtsc­haftsminis­ter verabsäumt, während der Bauernprot­este der letzten Tage Stellung zu beziehen: Welche Eingriffsm­öglichkeit­en hat die Politik überhaupt noch, da im heurigen Frühjahr die Jahrzehnte hindurch geltenden Produktion­squoten gefallen sind und die Milchbauer­n samt ihren Molkereien sich jetzt auf dem Weltmarkt behaupten müssen, wo es nicht nur Chancen gibt, sondern auch Risiken wie Überangebo­t und Preisverfa­ll? Rupprechte­r schwieg. Der Weg in die freie Wirtschaft ist unumkehrba­r. Bloß Stützungsg­elder aus Brüssel zu verlangen oder Putin und den Sanktionen die Schuld zu geben, ist zu billig. Erwin Zankel war Chefredakt­eur der „Kleinen Zeitung“

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