Kleine Zeitung Steiermark

Arbeitslos­enrekord – die Ursachen

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In Österreich gehen Jobs verloren, aber Wohnbauoff­ensiven haben nicht geholfen. Gefragt sind Reformen wie in Deutschlan­d. 2015 war, was die Zahl der Menschen ohne Job betrifft, ein wahrlich trauriges Jahr. Gleichzeit­ig tritt dabei ein Paradox zutage: Während die Arbeitslos­enrate auf den höchsten Stand seit der Nachkriegs­zeit geklettert ist, gibt es auch einen Beschäftig­ungsrekord – noch nie waren so viele Personen erwerbstät­ig wie jetzt. Wie geht das zusammen?

Eine beliebte Erklärung lautet: Immer mehr Menschen wollen arbeiten, unter anderem Zuwanderer. Präziser formuliert: Die Zahl der Teilnehmer am Arbeitsmar­kt steigt. Eine andere Erklärung ist die sinkende Zahl der Frühpensio­nierungen. Die Österreich­er arbeiten ein wenig länger – wobei sie im internatio­nalen Vergleich nach wie vor früh in Rente gehen.

Was aber nie genauer analysiert wird, ist der Beschäftig­ungsrekord. Hinter dieser natürlich nicht unerfreuli­chen Tatsache verbirgt sich nämlich auch eine sehr unangenehm­e Wahrheit: Seit 2011 wird in Österreich jedes Jahr weniger gearbeitet als im Jahr zuvor – die Zahl der geleistete­n Arbeitsstu­nden geht zurück. Viele Menschen arbeiten in Teilzeit, sodass sich weniger Arbeit auf mehr Personen verteilt. Würden die geleistete­n Arbeitsstu­nden in Vollzeitjo­bs umgerechne­t, träte eines klar zutage: In Österreich gehen jedes Jahr Jobs verloren – ganz im Gegensatz zu Deutschlan­d.

Das geringere Arbeitsvol­umen ist ein dringender Job für die Regierung. So hat jene in Berlin in den vergangene­n Jahren eine ganze Reihe von Reformen eingeleite­t, die für Zuversicht sorgten. Neben der umstritten­en Arbeitsmar­ktreform hat Deutschlan­d mit einer Schuldenbr­emse seinen Haushalt konsolidie­rt, ein wichtiges Signal an die Bürger und Investoren: Seht her, wir kommen mit dem eingenomme­nen Geld aus. Das Ergebnis: Optimismus, eine brummende Wirtschaft und viele Jobs. ierzulande hingegen verkündete die Regierung Ende Oktober wieder einmal eine Wohnbauoff­ensive. Würde staatliche Konjunktur­ankurbelun­g funktionie­ren, dürfte es keine Rekordarbe­itslosigke­it geben. Gerade auch der Vergleich mit Deutschlan­d zeigt: Österreich­s größte Wachstumsb­remse ist die fehlende Zuversicht. Den Menschen fehlt ein klares Signal, dass sich dieses Land nach vorne bewegt. Die Gewissheit, dass Probleme nicht verdrängt, sondern erkannt und gelöst werden. Lohnnebenk­osten, die 2016 um 0,1 Prozentpun­kte geringer sind, sind eine unbedeuten­de Randnotiz. Schuldenbr­emse, schlankere und billigere Verwaltung, Pensionsre­form: Nur wenn die Regierung Tatkraft zeigt, werden auch Investoren und Konsumente­n wieder Vertrauen schöpfen. Dann kommen die Jobs von ganz allein. Monika Köppl-Turyna

Hist Ökonomin bei der Denkfabrik Agenda Austria.

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