Warum Prölls Verzicht eigentlich keiner ist
Der Machtpolitiker scheut den Machtverlust.
Man muss wissen, wo man hingehört“, sagt Erwin Pröll und bleibt Landeshauptmann in Niederösterreich. Man muss ihm zugestehen, das hat er so ähnlich immer gesagt. Auch den Satz von seiner Lebensplanung, in die eine Hofburg-Kandidatur nicht passe, kennen die Österreicherinnen und Österreicher schon. Wenn er sich daran hält, ist das nur konsequent. Dass er die Mitteilung der Absage dem Parteichef überließ, ist eine geradezu ungewöhnliche Geste der Demut aus St. Pölten.
Für Reinhold Mitterlehner aber stellt sich die Absage als Debakel dar. Was immer er mit dem peinlichen Schaulauf, den seine Landeshauptleute und Parteigranden zur Huldigung Prölls in den letzten Wochen absolvierten, bezweckt haben mag: Im Nachhinein wirkt er lächerlich. Wusste Mitterlehner wirklich schon vor Weihnachten von Prölls Absage, wie beide einhellig behaupten, müssen sich die Unterstützer des Nicht-Kandidaten eigentlich geprellt fühlen.
Die ÖVP, die seit Wochen die Gewissheit verströmt, Pröll würde antreten, muss nun einen Plan B präsentieren. Wer immer das sein mag, ihm hängt der Makel an, zweite Wahl zu sein. Mit jeder Huldigung, die Mitterlehner im Wissen um Prölls Absage noch über die Bühne gehen ließ, wuchs auch der potenzielle Schaden für ihn, die Partei und den Zweitkandidaten, sollte alles Flehen nicht helfen.
Der Vorgang macht aber auch die Realverfassung Österreichs sichtbar. Der Bundespräsident steht zwar formell an der Spitze des Landes. Der Macher und Machtmensch Erwin Pröll entscheidet sich, wie er offen zugibt, nicht zuletzt deshalb gegen dieses Amt, weil er in St. Pölten mit mehr Macht und Ge- staltungsmöglichkeiten agieren kann. Aus denselben Gründen hat sich Pröll auch nie um den Parteivorsitz in der ÖVP gerissen. Aus einer starken Position im Kernland Österreichs heraus die Fäden zu ziehen, schien ihm stets attraktiver, als in Wien den Mangel zu verwalten. Eigentlich logisch, dass so jemand auch nicht in der Hofburg das Staatsganze repräsentieren mag.
Umso erstaunlicher ist die Fehleinschätzung Mitterlehners und der ÖVP. Pröll kennend, hätte man sich denken können, dass er andere Prioritäten setzen wird. us dieser Logik heraus scheint die Kandidatur von Andreas Khol folgerichtig. Machtspiele sind einem 74-Jährigen nicht mehr so wichtig. Über die Partei hinaus zu denken, konnte er als Nationalratspräsident schon üben. Sollte Khol gewählt werden, erst von der Partei, dann vom Volk, wird ihm das zupasskommen.
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