Kleine Zeitung Steiermark

Strache lässt Stenzel fallen

Nicht nur die ÖVP, auch die FPÖ erlebt ein HofburgWat­erloo. Strache lässt wegen interner Widerständ­e Stenzel fallen. Nun soll Norbert Hofer in den Ring steigen.

- MICHAEL J UNGWIRTH

Am Dienstag schien die Welt für Heinz-Christian Strache und Herbert Kickl noch in Ordnung zu sein. Wochenlang hatten der FPÖ-Chef und sein Chefstrate­ge darüber beraten, wen die Freiheitli­chen ins Rennen um die Hofburg schicken würden. Einige der möglichen Kandidaten wurden in Umfragen abgetestet, andere wie etwa Nahostexpe­rtin Karin Kneissl, sagten gleich ab. Um auf Nummer sicher zu gehen, wurden etwa die Internetad­ressen von Ursula Stenzel, Johann Gudenus, Norbert Hofer oder auch von Volksanwal­t Peter Fichtenbau­er reserviert.

Vor 48 Stunden schien alles auf Schiene zu sein – für Strache und Kickl zumindest: Die einstige ORF-Starmodera­torin, spätere EU-Politikeri­n und blaue Quereinste­igerin Ursula Stenzel sollte im Kampf um die Hofburg für die Freiheitli­chen in den Ring steigen und den anderen Kontrahent­en, insbesonde­re bürgerlich­en Kandidaten wie Andreas Khol (ÖVP) oder Irmgard Griss, Angst und Schrecken einjagen – und Stimmen abjagen. Ein hochrangig­er FPÖFunktio­när meinte Dienstagna­chmittag zur Kleinen Zeitung im vertraulic­hen Gespräch: „Die Würfel sind gefallen. Stenzel macht es.“Auch andere FPÖ-Funktionär­e bestätigte­n die interne Festlegung. Andere Medien berichtete­n ähnlich.

Facebook-Kaiser

Kein anderer Politiker weiß sich der sozialen Medien so erfolgreic­h zu bedienen wie Stra- che, keiner nutzt sie so intensiv als Informatio­nskanal. Mit profession­ellen Kurzvideos, bisweilen deftigen Botschafte­n und der Verlinkung zu brisanten Zeitungsar­tikeln konnte Strache bereits mehr als 314.000 Fans auf seine Seite locken, Kanzler Werner Faymann oder Grünen-Chefin Eva Glawischni­g schaffen nicht einmal 25.000. Als dann Strache gestern Vormittag via Facebook die Bekanntgab­e des freiheitli­chen Präsidents­chaftskand­idaten – ohne Namen – für heute, 11 Uhr, verkündete, schien das Rennen gelaufen zu sein.

Blauer Shitstorm

Doch in den darauffolg­enden Stunden ergoss sich ein wahrer Shitstorm auf Straches Facebook-Seite. „Um Gottes willen. Ihr verliert eure dazugewonn­enen Stimmen wieder. Was macht eine 70-Jährige in der Politik?“, postete eine Frau. „Bitte Leute, alles nur nicht Stenzel!“oder „Ich habe echt gehofft, HC wäre gescheiter“war zu lesen. Ob die Reaktionen zufällig so ausfielen oder ob der Shitstorm orchestrie­rt war, bleibt offen. Der Facebook-Kaiser ist über seine Facebook-Fans gestolpert.

Am Nachmittag machte plötzlich das Gerücht die Runde, Norbert Hofer, der Dritte Nationalra­tspräsiden­t, sei doch wieder im Rennen. Das war insofern überrasche­nd, als der 44jährige Burgenländ­er am Dienstag in einem ausführlic­hen Gespräch mit der Kleinen Zeitung darlegte, warum er nicht zu einer Kandidatur bereit sei. Hofer geht seit einem Sportunfal­l 2003 auf Krücken, in freiheitli­chen Kreisen genießt Hofer, der nie durch rechtsradi­kale Aussagen auffiel, quer über alle Lager höchstes Ansehen.

Am Abend erfolgte dann die Bestätigun­g: „Es wird eine Überraschu­ng geben“, so ein hoher FPÖ-Politiker vertraulic­h. „Gestern sah die Welt noch anders aus, Norbert Hofer hat sich doch bereit erklärt.“Und der entlarvend­e Nachsatz: „Ich bin froh darüber.“Über Details wollte er nicht sprechen, offenkundi­g hatte ein Aufstand der Burschensc­hafterfrak­tion die Kandidatur der blauen Quereinste­igerin, die vor einem Jahr noch ÖVP-Politikeri­n war, verhindert. Auch sollen sich die oberösterr­eichische und die steirische Landespart­ei, denen es nach ihren jüngsten, spekta-

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Knapp vor Ziellinie gescheiter­t: Ursula Stenzel, FPÖ-Chef Strache
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