Holprige Kür auch bei den Blauen
Mit dem FPÖ-Spitzenpolitiker Norbert Hofer ist das Feld der chancen- und aussichtsreichsten Hofburg-Kandidaten nun komplett.
Mit einem kleinen Revanchefoul gegenüber den zahlreich erschienenen Medienvertretern warteten die Spitzen der FPÖ zu Beginn der Pressekonferenz gestern Vormittag auf. Praktisch alle Morgenzeitungen hatten ausführlich über die FPÖ-interne Revolte gegen Ursula Stenzel berichtet. HeinzChristian Strache wollte die Quereinsteigerin als HofburgKandidatin durchsetzen, scheiterte aber an innerparteilichen Widerständen. Als erste Person betrat dann ausgerechnet Ursula Stenzel das Podium. Nach einem Kurzschock unter den Journalisten, die sich sekundenlang fragten, ob sie am Vortag von der FPÖ bei der Kandidatensuche aufs Glatteis geführt worden waren, tauchte dann aber doch auch der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer auf.
Gut eine Viertelstunde lang versuchte Strache wortreich zu erklären, dass an den Berichten über interne Verwerfungen nichts dran sei. Die Bekanntgabe des freiheitlichen Kandidaten überließ man – eine weitere Spit- ze – ausgerechnet Ursula Stenzel: Sie durfte gemeinsam mit Strache das Plakat enthüllen, das Hofer als freiheitlichen Kandidaten zeigte. „Hofer war immer mein Wunschkandidat“, versuchte Strache die internen Turbulenzen der letzten 48 Stunden zu relativieren. Vom Parteivorstand habe er letzte Woche bereits das Pouvoir erhalten, zuerst Hofer und dann Stenzel zu fragen. „Es war klar: Wenn er Ja sagt, dann wird er es.“Erst am Vortag sei die Wahl auf den 44-jährigen Südburgenländer, der seit mehr als zehn Jahren einer von Straches Stellvertretern ist, gefallen.
Drittjüngster Kandidat
Breiten Raum widmete Strache dem Sportunfall und der dadurch erlittenen Behinderung (siehe Porträt). Hervorgestrichen wurde ebenso, dass Hofer den Präsenzdienst absolviert hatte – im Unterschied zu Alexander Van der Bellen und Andreas Khol. Nicht unerwähnt blieb ebenso, dass Hofer der drittjüngste Hofburg-Bewerber seit 1945 ist. Nur Gertraud Knoll (1988 mit 39 Jahren) und die Ex-Freiheitliche Heide Schmidt (1992 mit 43 Jah- ren) waren jünger (siehe Grafik). Mit zwei über 70-Jährigen (Andreas Khol ist 74, Alexander Van der Bellen 72), der fast 70-jährigen Irmgard Griss, dem 64-jährigen Rudolf Hundstorfer und Hofer liegt die Bewerberriege bei 64,8 Jahren – seit 1945 lag das durchschnittliche Antrittsalter bei Präsidentschaftswahlen bei knapp 62,4 Jahren.
Hofer gibt Amt nicht auf
In seiner Wortmeldung erklärte Hofer, er habe die Kandidatur nicht angestrebt. „Ich hatte Bedenken, ich sei viel zu jung.“Er sei aber von vielen Parteifreunden gebeten und bedrängt worden, sich für das höchste Amt im Staat zu bewerben. Auf sein sonniges Gemüt angesprochen, replizierte er: „Ich habe Respekt vor dem Mitbewerber, aber täuschen Sie sich nicht: In der Sache bin ich sehr konsequent und vertrete freiheitliche Positionen.“Und mit einer Spitze gegenüber Van der Bellen, der sich als unabhängig bezeichnet: „Ich bin und bleibe ein Freiheitlicher.“
Dass die Kandidatur für die Hofburg nicht seiner Lebensplanung entsprach, zeigt sich auch daran, dass Hofer – im Unterschied zu Ex-ÖVP-Seniorenbundobmann Khol und Ex-Sozialminister Hundstorfer – nicht daran denkt, sein Amt als Dritter Nationalratspräsident aufzugeben. Würde er dies tun und käme er weder in die Stichwahl noch in die Hofburg, müsste er mit dem Platz eines einfachen Abgeordneten im Nationalrat vorliebnehmen. Eine Karenzierung ist nicht vorgesehen.
Stenzel stellte in Abrede, dass sie enttäuscht sei, „es ehrt mich sehr, dass ich ins Spiel gebracht wurde“, um aber dann Hofer Rosen zu streuen: „Du hast das Zeug dazu, ein Schutzherr Österreichs zu sein. Ich sehe keinen anderen Kandidaten für diese Schutzherrnfunktion geeinigt. Ich freue mich, dass du Ja gesagt hast.“
Behindertengerecht
Strache und Hofer erklärten abschließend, wegen Hofers Gehbehinderung werde man neue Wege im freiheitlichen Wahlkampf beschreiten. „Ich werde keine Hausbesuche machen.“Die eine oder andere Veranstaltung werde er nicht stehend, sondern sitzend absolvieren.