Am Gängelband der Burschenschafter
Warum Ursula Stenzel nicht FPÖ-Kandidatin wurde.
Da hat sich Heinz-Christian Strache verdribbelt. Sich bei der Auswahl seiner Präsidentschaftskandidaten an Umfragen zu orientieren, hat dem FPÖ-Chef einen internen Aufstand beschert, an dem er noch lange zu kiefeln haben wird. Stenzel ist dank ihrer einstigen ÖVP-Erfolge und ihrer mitunter skurrilen Ansagen bundesweit bekannt. Dass der Quereinsteigerin die blaue Erdung fehlt, wurde dem FPÖChef zum Verhängnis.
Strache kann doch nicht nach Gutdünken schalten und walten in seiner Partei. In Oberösterreich und in der Steiermark sind selbstbewusste FPÖ-Chefs am Ruder, die mit Law and Order rekordverdächtige Wahlergebnisse einfuhren. Die Idee, mit einer aus bürgerlichen Kreisen stammenden Quereinsteigerin neue Wählerschichten anzusprechen, mag eine geniale Strategie sein, im Unterschied zu Haider fehlt Strache aber die Autorität, um das Manöver gegen den Widerstand der übermächtigen Burschenschafterfraktion durchzusetzen.
Im letzten Moment wurde Norbert Hofer aus dem Hut gezaubert, der der ideale Kompromisskandidat zu sein scheint: ein echter Freiheitlicher, der nicht im Verdacht steht, mit NS- oder neonazikonnotierten Aussagen auf Stimmenfang zu gehen. Der Burgenländer verkörpert den Freiheitlichen mit menschlichem Antlitz. Die größte Hypothek ist sein fehlender Bekanntheitsgrad. Während Khol und Hundstorfer ihre bisherigen Funktionen aufgegeben haben, geht Hofer auf Nummer sicher und bleibt als Dritter Nationalratspräsident im Amt.
Über Stenzels Rückzieher darf sich die ÖVP freuen, zwischen Griss und Stenzel wäre Khol aufgerieben worden. Nun darf er sich doch wieder Hoff- nungen auf den Einzug in die Stichwahl machen. Bei Griss bleibt abzuwarten, ob sie jetzt richtig durchstartet – oder den Zenit überschritten hat. Je länger der Wahlkampf währt, umso stärker polarisiert sie mit ihrem etwas oberlehrerhaften Auftreten als Outsiderin, die gegen das innenpolitische Establishment ankämpft. och nie war ein Wahlausgang so offen. Sollten SPÖ und ÖVP den Einzug in die Stichwahl verpassen, wäre es ein politischer Supergau und der Beginn der Dritten Republik. Niemand weiß heute, ob 24 Prozent für die Stichwahl genügen oder nur für Platz drei reichen. Mit Stenzel hätte sich das rechte Lager womöglich so kannibalisiert (etwa je 19 Prozent), dass Hundstorfer und Van der Bellen (je 21 Prozent) in die zweite Runde kommen. Mit Hofers Kandidatur steigt die Chance, dass der zweite Durchgang zu einer echten Lagerwahl wird.
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