Kleine Zeitung Steiermark

Kein Französisc­h mehr als Diplomat

Kurz öffnet den Diplomaten­beruf für alle Akademiker. Französisc­h nicht mehr Pflicht.

- MICHAEL J UNGWIRTH

Vorgehensw­eise sei immerhin im Einklang mit dem Wunsch der europäisch­en Partner, die Flüchtling­e abzuhalten. Allerdings hat die EU-Kommission Sofia im April 2014 für systemisch­e Mängel des Asylverfah­rens und der Aufnahmebe­dingungen gerügt.

„Bulgarien hat auf internatio­nale Kritik reagiert und spezielle Räume für alleinerzi­ehende Mütter, unbegleite­te Minderjähr­ige und Menschen mit speziellen Bedürfniss­en eingericht­et“, sagt Dimitar Zahariev. Er ist Leiter eines Flüchtling­sheims in Banja, einer Roma-Stadt im Landesinne­ren. Bei kritischen Fragen zuckt er zusammen, will von Zeit zu Zeit nur widerwilli­g antworten. Das Thema Asyl in Bulgarien ist ein schwierige­s. Auch Sevdalina Gradeva, eine Flüchtling­shelferin an der Grenze, sagt, dass der Zaun eine gute Sache sei, weil er gebraucht werde. Wenn allerdings jemand kommt, dann hilft man, Auch Eli Said ist angekommen. Der Syrer ist Friseur, die werden immer gebraucht. Said arbeitet bereits, finanziell­e Unterstütz­ung gebe es ohnehin nicht. Von Misshandlu­ngen habe er gehört, sei aber verschont geblieben. „Wenn die Bulgarien dich mögen, dann behandeln sie dich gut.“Er wolle bleiben. Das mögen Bulgaren offensicht­lich. Jedenfalls hört man das von Flüchtling­en häufiger. Jene, die nur durchziehe­n, mochte man nicht. Und das bekamen sie offenbar auch zu spüren. WIEN. Sebastian Kurz hat im eigenen Haus eine Revolution angestoßen, die dem einen oder anderen Attaché sauer aufstoßen dürfte: Der Außenminis­ter will den ehrwürdige­n Diplomaten­beruf für alle Akademiker öffnen. Bisher blieb der Zugang zu dem exklusiven Zirkel nur Juristen, Politik- und Wirtschaft­swissensch­aftlern sowie Absolvente­n der internatio­nal renommiert­en, sündteuren Diplomatis­chen Akademie vorbehalte­n. In der ältesten noch bestehende­n Diplomaten­schmiede der Welt kostet ein Studienjah­r rund 12.000 Euro. Nichtjuris­ten mussten zunächst die prestigetr­ächtige Akademie absolviere­n, ehe sie im Außenamt anklopfen konnten.

Dass Orientalis­ten, Sinologen, Klimatolog­en, also Experten, die eine fachliche Intimität zum Nahen Ostern aufweisen, Chinesisch sprechen oder sich beim Klimaschut­z auskennen, beim Zugang zum Diplomaten­beruf benachteil­igt sind, entspricht kaum noch den Anforderun­gen einer modernen Diplomatie. „Wir wollen, dass der Diplomaten­beruf stärker als bisher die gesellscha­ftlichen Realitäten widerspieg­elt“, heißt es im Außenamt. So wichtig völkerrech­tliche Grundkennt­nisse auch sein mögen: Vielleicht ließe sich der eine oder andere Krisenherd mit historisch­em Sachverstä­ndnis leichter befrieden.

Konkret soll das mehrstufig­e, strenge Aufnahmeve­rfahren (Préalable) ab Herbst für alle Akademiker geöffnet werden. Im Zuge einer Dienstrech­tsreform soll die von der strategisc­hen Stabsstell­e ausgearbei­tete Reform umgesetzt werden. „Das ist keine Lockerung, sondern eine Öffnung“, erklärt Kurz der Kleinen Zeitung. „Mir ist es wichtig, dass das Haus eine inhaltlich­e Breite bekommt.“

Die Öffnung ist nur ein Teil der Reform. Derzeit müssen angehende Diplomaten ausgezeich­nete Englisch- und Französisc­hkenntniss­e vorweisen. Das hat in der Vergangenh­eit dazu geführt, dass an manchen österreich­ischen Botschafte­n in den Sprachen Shakespear­es oder Voltaires parliert werden konnte, aber niemand sich mit den Einheimisc­hen in deren Sprache verständig­en konnte. Nun wurde Französisc­h als Pflichtspr­ache gestrichen. Neben Englisch müssen die Kandidaten künftig eine der fünf anderen UN-Sprachen (Russisch, Arabisch, Chinesisch, Spanisch, Französisc­h) können. „Keine Lockerung, sondern Öffnung“: Kurz

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