Krankenversicherung: Beitrag ohne Leistung
Viele Kleinunternehmer fallen erst nachträglich unter die Pflicht zur Krankenversicherung. Dann zahlen sie rückwirkend Beiträge, ohne vorher Versicherungsschutz genossen zu haben – eine gewollte Lücke.
Eine Versicherung, die man bei Bedarf im Nachhinein abschließen kann: Davon träumt wohl jeder Versicherte. Doch so etwas gibt es leider nicht. Wohl aber gibt es den umgekehrten Fall, dass nämlich die Versicherung im Nachhinein Beiträge für Zeiten einhebt, in denen sie gar nicht leistungspflichtig war. Also eine Einnahme ohne jedes Risiko – und das noch dazu gut abgesichert durchs Gesetz.
Konkret geht es um die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA), also um die Pflichtversicherung der Selbstständigen. Dort muss jeder Unternehmer Pensions-, Kranken- und Unfallversicherungsbeiträge abliefern, sofern er jährliche Einkünfte von mehr als 4988 Euro und 64 Cent (ja, da ist der Staat sehr genau) erzielt. Seit 1. 1. 2016 gilt diese Regel sogar verschärft, weil eine zweite, höher liegende Grenze abgeschafft wurde. pannend ist dies beispielsweise bei Angestellten, die nebenbei dazuverdienen. In dieser Gruppe entstehen regelmäßig Probleme – nämlich dann, wenn jemand nicht genau vorhersagen kann, ob er die Gewinngrenze überschreiten wird oder nicht. Diese Gruppe ist zunächst nicht versichert und bekommt auch keine Leistungen. Wenn aber per Finanzbescheid – oft erst Monate oder Jahre später – das Überschreiten der Grenze „amtlich“
Swird, kassiert die SVA im Nachhinein die vollen Beiträge. n der Pensionsversicherung mag das noch angehen, denn mit der nachträglichen Zahlung erhöht sich ja die spätere Pension. Grotesk aber ist die Lage in der Krankenversicherung: Dort kassiert die SVA rückwirkend Beiträge, „obwohl man selten nachträglich krank wird“, wie der Wiener Steuerberater Andreas Knipp sagt. Am Ende stellt sich der zahlende Kunde die berühmte Frage: „Wo war mei Leis-
ISVA-Direktor T. Neumann tung?“ie das in der Praxis läuft, zeigt ein hier dokumentierter Fall ( siehe Briefe): Am 23. Dezember 2015 informiert die SVA einen Unternehmer, dass er aufgrund der „zurzeit vorliegenden Unterlagen“im Jahr 2014 pflichtversichert gewesen ist und rückwirkend Beiträge zahlen muss. Als derselbe Unternehmer gleichzeitig eine Arztrechnung einreicht, wird er jedoch abgewiesen – er sei 2015 „weder versichert noch anspruchsberechtigt“.
WLeistung nein, aber Pflichtbeitrag später ja – so läuft das mitunter Jahr für Jahr. „Ein schönes Körberlgeld für die SVA“, meint Steuerberater Knipp, der auch in der SVA-kritischen Plattform „Amici delle SVA“aktiv ist. Erschwerend kommt dazu, dass die SVA bei stark verspäteter Zahlung einen saftigen Strafzuschlag von 9,3 Prozent einhebt, was beim derzeitigen Nullzinsniveau nicht gerade marktgerecht ist.
Für die SVA räumt Direktor Thomas Neumann ein, dass hier tatsächlich eine Lücke zwischen Beitragsund Leistungspflicht besteht. Allerl dings, so Neumann: Der Unternehmer könne dies leicht vermeiden, indem er die höheren Erträge sofort meldet. Mehr noch: Der Unternehmer sei sogar aktiv meldepflichtig. Neumann: „Theoretisch könnten wir für Nichtmeldung bei der Bezirksverwaltungsbehörde eine Verwaltungsstrafe beantragen.“Doch in der Praxis strafe die SVA nicht. er Rat, schon frühzeitig in die Versicherung hineinzuoptieren, ist freilich riskant. Stellt sich nämlich nachträglich heraus, dass man unter der Versicherungsgrenze blieb, erhält man keinen Cent zurück. Das Progno-
Dserisiko liegt also voll beim Versicherten, und das zeigt sich auch in SVA-Informationsblättern. „Versuchen Sie, Ihre Einkommensprognosen möglichst realistisch zu treffen“, fordert die SVA ihre Kunden auf. Sie selbst erklärt sich hingegen für unzuständig: Ob Versicherungspflicht bestehe, „können wir (...) im laufenden Jahr noch nicht beurteilen. Das ist erst möglich, wenn Ihr Steuerbescheid vorliegt.“
Dass Nebenbei-Unternehmer