Der Schmerz ist keine Katastrophe
Im Jahr 1916 startete in Wien die erste Physiotherapie-Ausbildung – damit feiert die Physiotherapie in Österreich heuer ihren 100. Geburtstag. Eine der großen Herausforderungen ist heute die Behandlung von Menschen mit chronischen Schmerzen. „Wir sprechen heute eher vom persistierenden Schmerz“, korrigiert Bernhard Taxer, Physiotherapeut und Lehrender an der FH Joanneum. Damit wolle man das Stigma brechen: Chronische Schmerzpatienten gelten oft als „schwierig“. „Doch der Patient hat das Recht, ernst genommen zu werden“, sagt Taxer.
Sehr oft sei es der Rückenschmerz, der chronisch wird. „Diese Erkrankung kostet das Ge- sundheitssystem mehr Geld als Herz-Kreislauf-Leiden und Diabetes zusammen“, sagt Taxer. Eigentlich könne man einen akuten Rückenschmerz gut abfangen – durch kurze Schonung und Bewegungstherapie. „Mit Bettruhe macht man Patienten kranker, als sie sind“, sagt Taxer. Dennoch gebe es Faktoren, die aus dem Rückenschmerz einen chronischen Schmerz werden lassen: Angst, Stress oder andere psychische oder soziale Faktoren können dazu führen, dass sich der Schmerz verselbstständigt. „Deshalb ist es so wichtig, Patienten von Anfang an zu beruhigen, zu entkatastrophisieren“, sagt Taxer. Die emotionale Bewertung des Schmerzes spiele eine große Rolle. Bei persistierenden Schmerzen brauche es ein Netz von Experten: Physiotherapeuten müssten mit Schmerzmedizinern oder Psychotherapeuten zusammenarbeiten.
„Ich versuche, den Patienten wieder zu aktivieren“, sagt Taxer. Durch Therapien werden schmerzfreie „Fenster“geschaffen, in denen der Patient sich wieder bewegen kann. „Es ist bewiesen“, sagt Taxer, „dass Nordic Walken beim Rückenschmerz viel besser wirkt als Massage.“