Ariersohn im düsteren ZUR PERSON
Dem Weltkrieg in der Fremde entronnen: Feridun Zaimoglu lässt ein deutsches Kind im dunkelsten Viertel von Istanbul aufwachsen.
Die Zeit der Katastrophe ist gekommen. Man schreibt 1939, die Welt zerfällt. Ein Deutscher hat es geschafft, sich abzusetzen; er ist in die Türkei geflohen, sucht Arbeit und kümmert sich kaum noch um seinen kleinen Sohn. Die Mutter ist bei dessen Geburt verstorben und das Kind wird in einer türkischen Feridun Zaimoglu, geboren 1964 in Bolu, Türkei, deutscher Literat und bildender Künstler. Veröffentlichte bisher mehr als 20 Romane, Erzählbände und Theaterstücke, die mit zahlreichen Preisen bedacht wurden. Familie aufgenommen – im Siebentürmeviertel in Istanbul.
Das ist die Ausgangsgeschichte in Feridun Zaimoglus großem Roman, der in dichten, dunklen Sätzen in eine archaische Welt führt. Im Schnittpunkt zwischen Ost und West, zwischen alter und neuer Welt wird der Bub, der auch noch Wolf heißt, Hitlerjunge oder Ariersohn gerufen – und manchmal schwingt in den ver- ächtlichen Worten verhohlene Anerkennung mit. Für Wolf wird der Ziehvater zum richtigen Vater, die Gastfamilie zur richtigen Familie; und doch wird er ständig daran erinnert werden, dass er ein Deutscher ist, einer, der nicht dazugehört und Unglück bringt.
Man schlägt sich durch, im engeren Sinn des Wortes. Der zählt etwas, der mehr Narben hat. Mutproben und Blutsbrüderschaften gehören zur rauen Kindheit. Viele Sätze triefen vor Kälte und Hass, der Übergang in eine aufgeklärte Welt hat zwar begonnen, doch der Weg ist noch weit. Der kleine Sohn der Gastfamilie stirbt, Wolf wird auch Jahre später noch hören, dass es besser ihn erwischt hätte. Ehebruch oder Homosexualität werden mit dem