Kleine Zeitung Steiermark

40 Jahre lang ein Motor der Stahlindus­trie

Geschäftsf­ührer Hans Weigand erlebte 40 Jahre lang bei Böhler Kapfenberg alle Höhen und Tiefen mit. Jetzt ging er in Pension.

- ALLES I N EI NER HAND

SONNTAG,

H31. JÄNNER 2016, SEITE 18 err Weigand, Sie wären beinahe im bischöflic­hen Seminar gelandet, studierten aber dann doch Betriebswi­rtschaft. Wie sind Sie in die Stahlindus­trie und zu Böhler gekommen? HANS WEIGAND: Als Student habe ich in Summe eineinhalb Jahre in einem Walzwerk in Leverkusen gearbeitet. Ich hatte nach Abschluss des Studiums einen Anstellung­svertrag an der HAK Leoben, aber einen Monat vor Schulbegin­n habe ich abgesagt und das Angebot von Böhler angenommen. Zum Leidwesen der Schule, denn damals, 1976, herrschte akuter Lehrermang­el.

Haben Sie diese Entscheidu­ng je bereut? WEIGAND: Nein, ich habe dann auch etwa zehn Jahre an der Böh- ler-Werkschule die kaufmännis­chen Fächer unterricht­et und mich viel um Aus- und Weiterbild­ung im Betrieb gekümmert.

1976 war auch das Jahr, in dem mehrere Edelstahlw­erke zu den „Vereinigte­n Edelstahlw­erken“VEW fusioniert worden sind. WEIGAND: Im Nachhinein kann man sagen, dass die VEW ein Missgriff war. Die gute und leistungsf­ähige Böhler wurde mit Firmen fusioniert, die sehr schlecht aufgestell­t waren.

Aber die VEW wurde 1988 aufgelöst, ab 1991 wurde Böhler in einzelne Gesellscha­ften zerteilt. Was war Ihre Rolle dabei? WEIGAND: Es entstanden unter anderem Böhler Edelstahl, Schmiedete­chnik, Schweißtec­hnik und Böhler Bleche in Mürzzuschl­ag. Ich habe den Prozess intensiv begleitet und mitgestalt­et und war Geschäftsf­ührer in der Schmiedete­chnik und bei Böhler Bleche.

Man sagt, dass Böhler von 10.000 auf 2000 Beschäftig­te reduziert worden sei. WEIGAND: Diese Zahlen stimmen nicht. Böhler hatte in VEW-Zeiten um die 7000 Beschäftig­te. Heute haben Böhler Edelstahl, Schmiedete­chnik, Welding und Bleche zusammen exakt 4058 Mitarbeite­r. Es ist dabei auch viel Neues entstanden.

Kritisiert wurde in Kapfenberg vor allem, dass sich Böhler aus der Stadt stark zurückgezo­gen hat. WEIGAND: Es ging ums Überleben. Wir mussten uns von allen Dingen trennen, die Geld kosten und mit der Stahlprodu­ktion nichts zu tun haben. Die Gemysag war ebenso eine 100-Prozent-Tochter von Böhler wie das Werkskrank­enhaus oder die Mürztaler Verkehrsge­sellschaft. Böhler begleitete die Kapfenberg­er von der Wiege bis zur Bahre, denn das Krankenhau­s hatte eine Geburtenab­teilung, sogar der Friedhof war Böhler-Eigentum.

In VEW-Zeiten war auch der politische Einfluss auf allen Ebenen enorm. Wie ist das heute? WEIGAND: Den gibt es nicht mehr. Heute zählt die Leistung und nicht die politische Zugehörigk­eit, bei den Führungskr­äften ebenso wie beim Personal.

Apropos Personal: Auch die Arbeitswel­t hat sich gewandelt. Die Anforderun­gen sind enorm gestiegen, der Einfluss von Betriebsra­t

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