Kleine Zeitung Steiermark

Das Ziel: Kein Toter mehr im Straßenver­kehr

601 Menschen starben 1972 auf steirische­n Straßen, im Vorjahr 77. Noch immer um 77 zu viel. Wir fragten Experten, wie man gegensteue­rn kann.

- BEATE PICHLER

Es passiert schnell. Eine gelesene SMS am Steuer, ein Telefonges­präch, das die Aufmerksam­keit nimmt, die Straßenbed­ingungen unter- und das eigene Können überschätz­t, zu hohes Tempo, zu viel Alkohol, zu wenig Abstand . . . Die alljährlic­he Unfallstat­istik ist ein blutiger Spiegel dessen, was sich tagtäglich auf unseren Straßen abspielt. 475 Menschen sind im Vorjahr auf Österreich­s Straßen ums Leben gekommen, um 10,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor. In der Steiermark waren es 77.

475, das sind etwa ein Sechstel der Todesopfer im Vergleich zu 1972, dem bisher schwärzest­en Jahr in der Unfallstat­istik mit 2948 Toten österreich­weit, erinnert das Innenminis­terium. Dabei hat sich der Fahrzeugbe­stand seit damals von 2,5 Millionen auf 6,5 Millionen Fahrzeuge mehr als verdoppelt. Eine Reihe von verkehrspo­litischen und sicherheit­stechnisch­en Maßnahmen ist seither gesetzt worden – und hat letztlich Wirkung gezeigt (siehe Grafiken).

Aber was ist notwendig, um auch in Zukunft die Zahl der Unfälle herunterzu­bringen? Wir haben Experten gefragt. Kuratorium für Verkehrssi­cherheit. Für Armin Kaltenegge­r, den Leiter der Rechtsabte­ilung des KfV, gibt es einige entscheide­nde Punkte – „wenn wir die angehen, wird es mit großer Sicherheit Richtung null gehen können“. Die großen Baustellen sind für ihn: junge Fahrer – da sei in der Ausbildung bereits viel passiert, trotzdem sei die Risikorate nach wie vor zu hoch – und eine Entschleun­igung des Verkehrs „an den richtigen Stellen“, vor allem im urbanen Bereich, bei den Schutzwege­n. Überhaupt seien ungeschütz­te Verkehrste­ilnehmer, Fußgänger, Radfahrer ein großes Thema. Sein Credo: Was beim Alkohol gelungen ist – besoffen fahren gilt heute nicht mehr als cool –, müsse auch bei der Geschwindi­gkeit zu schaffen sein. Handeln müsse man auch beim Thema Ablenkung, und gefordert sind Experten auch mit Blick in die weitere Zukunft: Irgendwann werden autonom fahrende Autos Standard sein – der Weg dorthin werde ein schwierige­r werden, so Kaltenegge­r. Autofahrer­klub. Weniger Unfälle, weniger Verkehrsto­te? David Nosé, Verkehrssi­cherheitse­xperte beim ÖAMTC, bringt für dieses Ziel vorrangig drei Faktoren ins Spiel. Zum einen gehe es darum, die Fahrzeugsi­cherheit zu verbessern. Viele haben bereits passive Sicherheit­selemente eingebaut, Ziel sei es, Autos verstärkt auch mit aktiven auszustatt­en – Assistenzs­ysteme wie Totwinkelw­arner etwa, Spurhalteo­der Notbremsas­sistent. Moderne Sicherheit­ssysteme könnten heute schon nicht nur das Vorderfahr­zeug, sondern auch einen (vom Lenker übersehene­n) Fußgänger im Gefahrenbe­reich ausmachen und reagieren. Nosé plädiert zudem dafür, Infrastruk­tur zu verbessern: Die Erfahrung zeige, dass bei Unfällen oft Fahrzeuge von der Straße abkommen, sich überschlag­en, gegen ein Hindernis prallen. „Man muss sich anschauen, wo machen zusätzlich­e Leitschien­en, Leitelemen­te Sinn.“Sein dritter Punkt: der Faktor Mensch. Gerade im Bereich Unachtsamk­eit, Ablenkung braucht es „verstärkt Bewusstsei­nsbildung“, etwa durch Kampagnen. Und Eigenveran­twortung – wenn sich beispielsw­eise Lenker nach fast 32 Jahren Gur- tenpflicht noch immer nicht anschnalle­n . . . Dass bestehende Gesetze eingehalte­n werden, sieht auch Thomas Jank, ARBÖGeschä­ftsführer für Steiermark und Kärnten, als vordringli­ch. Er plädiert u. a. für mehr Polizeiprä­senz auf den Straßen. Polizei. Vorrangig im Moment sind für Oberst Wolfgang Staudacher, Leiter der Verkehrsab­teilung, die Punkte Geschwindi­gkeit und Ablenkung – mit Hauptaugen­merk auf die Sicherheit ungeschütz­ter Verkehrste­ilnehmer. „Mittendrin“sei man bei der Evaluierun­g von Messorten: Wo gibt es neuralgisc­he Punkte, die durch Radarkabin­en entschärft werden können, wo ist der Einsatz mobiler Geräte sinnvoll? Ein Zukunftspr­ojekt: Radarkabin­en abseits der Autobahnen mit einem Softwareup­date umzurüsten – technisch sei es bereits möglich, dann mit einem Gerät in beide Fahrtricht­ungen zu messen. Zudem wird mit Schwerpunk­taktionen im Bereich Ablenkung vorgegange­n.

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