Taktieren in Graz: Wahl in Sicht
Beim Landesgericht Wien hat man die Ruhe weg: Die Anklageschrift im Verfahren mit der Aktenzahl 125 HV 150 / 15 T ist rechtskräftig. Aber: „Ein Verhandlungstermin steht noch nicht fest, und es kann auch nicht gesagt werden, für wann die Ausschreibung wahrscheinlich erfolgen wird.“
Es handelt sich um das Verfahren, in dem vier ehemaligen Telekom-Managern sowie dem Grazer VP-Geschäftsführer Bernd Schönegger und der Grazer Werberin Claudia Babel Untreue vorgeworfen wird. Es gilt die Unschuldsvermutung, und insbesondere Schönegger ist es leid, die Affäre schon so lange mit sich herumzuschleppen. Er hofft auf einen baldigen Beginn des Verfahrens und darauf, rasch seine Unschuld beweisen zu können. icht wenige Beobachter unterstellen hingegen dem Grazer Bürgermeister und ÖVP-Chef Siegfried Nagl, darauf zu hoffen, dass sich der Prozess samt negativer Begleitmusik für die ÖVP noch ein wenig verzögert, um dies für eine Vorverlegung der Wahlen in Graz zu nützen.
Eine Vorverlegung würde heißen: Man lässt das Budget 2017 platzen, das ab Sommer verhandelt wird. Sozialstadträtin und Vizebürgermeisterin Martina Schröck sieht sich zunehmend mit Nadelstichen von ÖVP-Poli-
Ntikern gegen „ihr“Budget konfrontiert. Fast alle Bereiche ihres Budgets sind allerdings gesetzlich vorgegeben. ie andere sich bietende Bruchstelle ist die Achse mit der KPÖ, die das letzte Budget möglich gemacht hat. Die ÖVP könnte versuchen, die Ausrufung von Neuwahlen mit überzogenen Forderungen von KPÖ-Stadträtin Elke Kahr zu begründen.
Schröck und ihrer SPÖ kämen vorgezogene Wahlen nicht gelegen. Die KPÖ wiederum verfügt
Dals „Engel der (einheimischen) Armen“im Wettstreit aller anderen um die noch härtere Asylpolitik über ein wahlkampftaugliches Alleinstellungsmerkmal. Vor diesem Hintergrund ist die steigende Nervosität innerhalb der ÖVP zu verstehen, die zur Folge hatte, dass Nagl den Personalspekulationen jetzt einmal eine Absage erteilte und Finanzstadtrat Gerhard Rüsch als Finanzreferent einzementierte. Als dessen Nachfolger wurden gehandelt: Bildungsstadtrat Kurt Hohensin-
Die Grazer ÖVP könnte ein weibliches Gesicht brauchen. Umgekehrt kämpfen die Grünen noch mit der Frage, wer Lisa Rücker nachfolgen soll, die erst in letzter Minute Platz machen will für den oder die Neue. Favoritin ist die Nationalratsabgeordnete Judith Schwentner, die Schröck und Kahr Konkurrenz machen würde auf dem Gebiet des Sozialen. Aber die Grazer Grünen verfügen auch über einen „Professor“à la Van der Bellen, ihren Klubchef Gerhard Wohlfahrt. Wohlfahrt ist Assistenzprofessor für Volkswirtschaftslehre an der Uni Graz und wäre ein Zeichen in eine ganz andere Richtung. Der Wahltag könnte sich schneller nähern als gedacht, und die Grünen sollten sich bald entscheiden.