Koalition der Unwilligen gegen Merkel
Die Visegrád-Staaten machen gegen die Flüchtlingspolitik der deutschen Kanzlerin mobil. Die setzt längst auf die Türkei. Doch Merkels Schicksal wird woanders entschieden: in Aleppo.
So kann man es natürlich auch sehen. Von einem „Signal der Solidarität“sprach Tschechiens Premier Bohuslav Sobotka am Montag. Er bot den Ländern auf dem Balkan, allen voran Mazedonien, Hilfe für die Einführung von Grenzkontrollen an.
„Diese Staaten dürfen in der Krise auf dem Balkan nicht alleingelassen werden“, sagte Sobotka vor dem Treffen der Visegrád-Staaten. Der Bund der Länder Tschechien, Slowakei, Ungarn und Polen hatte vor 25 Jahren zusammengefunden, um auf dem Weg in die EU die Arbeit zu koordinieren. In der EU sind die Staaten längst angekommen und längst auch zum Widerspruch bereit, wie das Jubiläumstreffen am Montag in Prag zeigte. Es ging vornehmlich um die offene Konfrontation gegen die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel, ein Treffen der Koalition der Unwilligen.
Das Visegrád-Bündnis fordert Grenzkontrollen auf dem Balkan. Und ist nicht allein. Auch Österreichs sozialdemokratischer Kanzler Werner Faymann will den Schlagbaum runterlassen – auf dem Balkan in Richtung Griechenland und am Brenner in Richtung Italien (siehe Seiten 2/ 3). Zuvor hatte schon Schwedens sozialdemokratischer Premier Stefan Löfven zu Jahresbeginn Grenzkontrollen eingeführt. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel ist in der Flüchtlingspolitik ohnehin vom Siggi Pop zum Siggi Cop mutiert. Es mutet aber mit Blick auf die Kehrtwende in Wien, Stockholm und Paris schon interessant an, wenn er via FAZ in der Flüchtlingspolitik zur sozialistischen Internationale aufruft.
Löfven und Faymann waren enge Verbündete Merkels in der Flüchtlingspolitik. Es wird einsam in Europa um die einst so gefürchtete Kanzlerin vor dem EUGipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel.
Auch Frankreichs sozialistischer Regierungschef Manuel Valls war von Merkel abgerückt. Eine Volte gegen den rechten Front National und gegen Frankreichs stetig schwächelnden Staatschef François Hollande, der Merkel in der Vorwoche in Straßburg noch seine Unterstützung in der Flüchtlingspolitik zugesagt hatte. Die beiden wichtigsten Verbündeten der deutschen Kanzlerin in ihrem emsigen Bestreben nach einer Lösung heißen nun: Davutoglu˘ und Kontingentlösung.
Der türkische Regierungschef Ahmet Davutoglu˘ wird am Donnerstag nach Brüssel reisen. Er wird zuerst am Morgen Kommissionschef Jean-Claude Juncker treffen, danach Ratspräsident Donald Tusk und schließlich zu einer Dreierrunde mit Merkel