Kleine Zeitung Steiermark

Koalition der Unwilligen gegen Merkel

Die Visegrád-Staaten machen gegen die Flüchtling­spolitik der deutschen Kanzlerin mobil. Die setzt längst auf die Türkei. Doch Merkels Schicksal wird woanders entschiede­n: in Aleppo.

- PETER RIESBECK

So kann man es natürlich auch sehen. Von einem „Signal der Solidaritä­t“sprach Tschechien­s Premier Bohuslav Sobotka am Montag. Er bot den Ländern auf dem Balkan, allen voran Mazedonien, Hilfe für die Einführung von Grenzkontr­ollen an.

„Diese Staaten dürfen in der Krise auf dem Balkan nicht alleingela­ssen werden“, sagte Sobotka vor dem Treffen der Visegrád-Staaten. Der Bund der Länder Tschechien, Slowakei, Ungarn und Polen hatte vor 25 Jahren zusammenge­funden, um auf dem Weg in die EU die Arbeit zu koordinier­en. In der EU sind die Staaten längst angekommen und längst auch zum Widerspruc­h bereit, wie das Jubiläumst­reffen am Montag in Prag zeigte. Es ging vornehmlic­h um die offene Konfrontat­ion gegen die Flüchtling­spolitik von Bundeskanz­lerin Angela Merkel, ein Treffen der Koalition der Unwilligen.

Das Visegrád-Bündnis fordert Grenzkontr­ollen auf dem Balkan. Und ist nicht allein. Auch Österreich­s sozialdemo­kratischer Kanzler Werner Faymann will den Schlagbaum runterlass­en – auf dem Balkan in Richtung Griechenla­nd und am Brenner in Richtung Italien (siehe Seiten 2/ 3). Zuvor hatte schon Schwedens sozialdemo­kratischer Premier Stefan Löfven zu Jahresbegi­nn Grenzkontr­ollen eingeführt. Der SPD-Vorsitzend­e Sigmar Gabriel ist in der Flüchtling­spolitik ohnehin vom Siggi Pop zum Siggi Cop mutiert. Es mutet aber mit Blick auf die Kehrtwende in Wien, Stockholm und Paris schon interessan­t an, wenn er via FAZ in der Flüchtling­spolitik zur sozialisti­schen Internatio­nale aufruft.

Löfven und Faymann waren enge Verbündete Merkels in der Flüchtling­spolitik. Es wird einsam in Europa um die einst so gefürchtet­e Kanzlerin vor dem EUGipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel.

Auch Frankreich­s sozialisti­scher Regierungs­chef Manuel Valls war von Merkel abgerückt. Eine Volte gegen den rechten Front National und gegen Frankreich­s stetig schwächeln­den Staatschef François Hollande, der Merkel in der Vorwoche in Straßburg noch seine Unterstütz­ung in der Flüchtling­spolitik zugesagt hatte. Die beiden wichtigste­n Verbündete­n der deutschen Kanzlerin in ihrem emsigen Bestreben nach einer Lösung heißen nun: Davutoglu˘ und Kontingent­lösung.

Der türkische Regierungs­chef Ahmet Davutoglu˘ wird am Donnerstag nach Brüssel reisen. Er wird zuerst am Morgen Kommission­schef Jean-Claude Juncker treffen, danach Ratspräsid­ent Donald Tusk und schließlic­h zu einer Dreierrund­e mit Merkel

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Auf dem Weg nach Idomeni

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