Abrechnung mit dem System Putin
Ein Jahr nach dem Mord an ihrem Vater übt Schanna Nemzowa Vergeltung.
Ein Mord auf offener Straße, keine 200 Meter vom Kreml entfernt, einem der meistbewachten Plätze der Welt: Vier Schüsse streckten den kremlkritischen Oppositionspolitiker Boris Nemzow in den Nachtstunden des 27. Februar 2015 in Moskau nieder. Der Täter läuft noch immer frei herum, die Überwachungskameras hätten keine verwertbaren Bilder geliefert, hieß es seitens der russischen Behörden.
Jetzt rechnet Nemzows älteste Tochter Schanna in ihrem Buch „Russland wachrütteln“mit dem System Putin ab. Denn für sie trägt eindeutig der ehemalige KGB-Mann die Schuld an der Ermordung ihres Vaters. Putin hätte aus ihrem Heimatland einen „Unrechtsstaat“gemacht, in dem ein Klima des Hasses herrsche, das sich gegen alle richte, die echte Demokratie fordern.
Seit einem Jahr arbeitet die 31- begann sie beim russischen TVSender RBK. Schon als 15-Jährige, als sie noch auf einer Eliteschule in Moskau war, absolvierte sie ein Praktikum beim kremlkritischen Radiosender Echo Moskwy. Sie studierte Wirtschaft am Staatlichen Moskauer Institut für Internationale Beziehungen, einer Universität zur Ausbildung junger Diplomaten, sowie an der juristischen Kutafin-Akademie.
Bilanzen und Finanzen hätten sie immer mehr interessiert als die Politik, aber der „politisch motivierte Mord“habe alles verändert, mehr denn je fühle sie sich als Sprachrohr ihres Vaters. „Putin und seine Leute wünschen sich doch, dass man alles vergisst: die Morde an Politkowskaja, Litwinenko, Nemzow“, sagte sie kürzlich im deutschen Fernsehen mit funkelnden Augen, „aber ich werde nicht zulassen, dass man sie vergisst!“