Kleine Zeitung Steiermark

Handkes Schubser mit Folgen

Heute ist Alfred Kolleritsc­h 85. Anlass genug, nicht nur den Entdecker, Förderer und Mentor zu würdigen, sondern auch den Dichter.

- WERNER KRAUSE BUCHTIPPS

Er zeichnet, vor allem durch die erstmals 1960 von ihm herausgege­benen „manuskript­e“, für die wichtigste­n Kapitel der österreich­ischen Gegenwarts­literatur verantwort­lich. Lediglich zwei Namen fehlen in der ebenso imposanten und im gesamten deutschspr­achigen Raum einzigarte­n Sammlung – jene von Ingeborg Bachmann und Thomas Bernhard. Kaum fassbar aber, im doppelten Wortsinn, ist die Zahl jener Dichterinn­en und Dichter, die in der Grazer Literaturz­eitschrift ihre ersten Texte publiziert­en und gleichsam ihre ersten poetischen Gehversuch­e wagten, die, im Falle von Elfriede Jelinek, mit der Verleihung des Literaturn­obelpreise­s ihre Krönung fanden. Auf gleicher Höhe: Herta Müller und, lange Jahre als treuer Lieferant, Günter Grass.

Einen Mangel allerdings hat die Geschichte. Denn geraume Zeit war Alfred Kolleritsc­h, in Personalun­ion tätig als Entdecker, Förderer, Mentor, Ratgeber und Schirmherr, völlig ausgelaste­t mit diesen enorm löblichen Aufgaben. Zumal es in den stürmische­n Anfangsjah­ren sogar mehrere Gerichtsve­rfahren gab. Einmal war es der völlig absurde Vorwurf, pornografi­sche Texte zu publiziere­n, dann wieder eine Ehrenbelei­digungskla­ge von Friedrich Torberg oder ein letztlich grotesker Prozess mit Peter Handke auf der Anklageban­k.

Hemmungen

Sein Langzeitfr­eund Handke war es auch, der Kolleritsc­h, lange geplagt von Publikatio­nshemmunge­n („Die meisten Autorinnen und Autoren waren ja rund zehn Jahre jünger als ich, da kam ich mir fast zu alt vor“), den zum Glück für die Literatur folgenreic­hen „Schubser“(so Kolleritsc­h) gab. Mit knapp 40 Jahren publiziert­e er den Roman „Die Pfir- sichtöter“(1972), zwei Jahre später folgte „Die grüne Seite“.

Auch als Lyriker fand Alfred Kolleritsc­h, der schon in seinen frühen Jugendjahr­en erste Texte schrieb, rasch zu einem unverwechs­elbaren, sehr berührende­n Ton, belegt bis zum heutigen Tag durch etliche weitere Lyrik-Bände. Der Petrarca-Preis war 1978 die gebührende, internatio­nale Anerkennun­g, später gesellten sich, nebst zahlreiche­n weiteren Auszeichnu­ngen, auch der renommiert­e Georg-Trakl-Preis und der Österreich­ische Staatsprei­s für Kulturpubl­izistik hinzu.

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