Das Ende der Bussi-Bussi-Politik
Van der Bellens Strategiewechsel steht Merkel bevor.
Man muss nicht gleich Königgrätz oder Córdoba bemühen, um die deutsch-österreichische Entfremdung zu umschreiben. Zumindest auf Kanzlerebene ist die Bussi-Bussi-Politik wohl Geschichte. Zwischen Faymann und Merkel herrscht Eiszeit. Dicke Luft herrscht auch zwischen dem ÖVP-Chef und der CDU-Chefin. Am Rande des EVP-Gipfels gerieten sich Merkel und Mitterlehner verbal in die Haare – nicht aus Böswilligkeit, sondern weil man unterschiedlicher Meinung ist.
Merkel mag die Ansicht vertreten, nun würden die Österreicher, die letzten treuen Verbündeten, den Deutschen in den Rücken fallen. Na ja, Merkels größeres Problem scheint zu sein, dass ihr nach der CSU nun auch gewichtige Leute in der eigenen Partei, Julia Klöckner und Guido Wolf, die in ein paar Wochen Wahlen zu schlagen haben, die Gefolgschaft aufzukündigen drohen. Dass Sebastian Kurz gestern mit Klöckner in Mainz wahlkämpfte, dürfte nicht ganz nach dem Geschmack chefin sein.
Dass auch gestern wieder Brüssel schwere Geschütze gegen Österreich auffuhr, diesmal wegen der Balkan-Konferenz heute in Wien, ist mehr ein Akt der Verzweiflung als eine glaubwürdige Drohgebärde. Moralisch hat die EU in der Flüchtlingsfrage ohnehin ihren Kredit verspielt. Wer mit seinem Konzept Schiffbruch erleidet, sollte es lieber unterlassen, mit erhobenem Zeigefinger durch die Lande zu ziehen. Abgesehen davon: Hätte Brüssel genauso Kritik geübt, hätte sich heute auch Angela Merkel in Wien angesagt?
Wer Österreich als Antithese zum Gutmenschentum, zur Willkommenskultur geißelt, hat einen Knick in der Optik.
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CDU-Partei- Nur ganz wenige Länder haben so viele Flüchtlinge aufgenommen wie Österreich. Amerikaner, Franzosen, Kanadier, Belgier und andere begnügten sich mit symbolischen Größenordnungen. Würde sich die gesamte EU ein Beispiel an Österreich nehmen, könnten zweieinhalb Millionen Flüchtlinge in Europa Aufnahme finden. Sonst noch Fragen? ährend Merkel als Letzte auf eine europäisch-türkische Lösung setzt, vollzieht gerade Alexander Van der Bellen einen Strategiewechsel. Kontrollen an den Binnengrenzen für „nachvollziehbar“zu halten, das hätten vor einem halben Jahr nur Freiheitliche über die Lippen gebracht. Der grüne Spitzenkandidat hat offenbar begriffen: Mit der Willkommenskultur kommt man in die Stichwahl, aber nicht in die Hofburg. Seit gestern sind die Karten im Rennen ums höchste Amt im Staat neu gemischt.
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