Kleine Zeitung Steiermark

„Hochgradig unsozial und unsolidari­sch“

Welche Antworten hat eine 60-jährige Mindestren­tnerin mit Kreuzschme­rzen auf die Frage, was sozial ist?

- VON MENSCH ZU MENSCH CARINA KERSCHBAUM­ER

Die 60-jährige Mindestren­tnerin, die drei Kinder großgezoge­n hat, von ihrem Mann verlassen wurde, keinen wirklich guten Job mehr gefunden und deshalb geputzt und wenig verdient hat, hat auf die Frage, was denn unsozial ist, eine klare Antwort: Dass es absolut unsozial wäre, das Pensionsal­ter zu erhöhen, weil sie mit ihrem kaputten Kreuz kaum mehr arbeiten kön- ne. Und dass sie es für ebenso unfair halte, wenn sie als Mindestren­tnerin gleich viel bekomme wie ein Asylberech­tigter, der nichts in das Sozialsyst­em eingezahlt habe.

Ob diese Frau, die sich dreimal überlegt, welches Obst sie kaufen kann, unsolidari­sch gegenüber Flüchtling­en ist? Ob sie sich schämen soll, weil sie Asylberech­tigten nicht zugestehen will, was sie bekommt? Zur- zeit wird sie ja fast täglich von irgendeine­m Politiker gestellt: Die Frage, was unsolidari­sch ist. „Hochgradig unsozial und unsolidari­sch“bezeichnet jetzt die Grün-Politikeri­n Maria Vassilakou die geplanten Kürzungen der Mindestsic­herung für Asylberech­tigte. ber was ist wirklich sozial und solidarisc­h? Wie solidarisc­h ist es, wenn eine Frau, die drei Kinder großgezoge­n hat, mit einer Mindestpen­sion abgespeist wird? Wie solidarisc­h wäre es, wenn eine Frau mit drei Kindern, die nur kurz ge-

Aarbeitet hat, gleich viel Pension bekäme wie jemand, der weit länger gearbeitet hat? Eindeutige Antworten wird es da nie geben. Mit Ausnahme einer, die wohl jeder unterschre­iben kann. Dass eine soziale Gesellscha­ft, wie der deutsche Bundespräs­ident meinte, von dem Konsens lebe, dass Solidaritä­t ihr Lebensatem ist. Und dass es aber im Bemühen, vielen zu helfen, begründet sein kann, nicht allen zu helfen.

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