„Hochgradig unsozial und unsolidarisch“
Welche Antworten hat eine 60-jährige Mindestrentnerin mit Kreuzschmerzen auf die Frage, was sozial ist?
Die 60-jährige Mindestrentnerin, die drei Kinder großgezogen hat, von ihrem Mann verlassen wurde, keinen wirklich guten Job mehr gefunden und deshalb geputzt und wenig verdient hat, hat auf die Frage, was denn unsozial ist, eine klare Antwort: Dass es absolut unsozial wäre, das Pensionsalter zu erhöhen, weil sie mit ihrem kaputten Kreuz kaum mehr arbeiten kön- ne. Und dass sie es für ebenso unfair halte, wenn sie als Mindestrentnerin gleich viel bekomme wie ein Asylberechtigter, der nichts in das Sozialsystem eingezahlt habe.
Ob diese Frau, die sich dreimal überlegt, welches Obst sie kaufen kann, unsolidarisch gegenüber Flüchtlingen ist? Ob sie sich schämen soll, weil sie Asylberechtigten nicht zugestehen will, was sie bekommt? Zur- zeit wird sie ja fast täglich von irgendeinem Politiker gestellt: Die Frage, was unsolidarisch ist. „Hochgradig unsozial und unsolidarisch“bezeichnet jetzt die Grün-Politikerin Maria Vassilakou die geplanten Kürzungen der Mindestsicherung für Asylberechtigte. ber was ist wirklich sozial und solidarisch? Wie solidarisch ist es, wenn eine Frau, die drei Kinder großgezogen hat, mit einer Mindestpension abgespeist wird? Wie solidarisch wäre es, wenn eine Frau mit drei Kindern, die nur kurz ge-
Aarbeitet hat, gleich viel Pension bekäme wie jemand, der weit länger gearbeitet hat? Eindeutige Antworten wird es da nie geben. Mit Ausnahme einer, die wohl jeder unterschreiben kann. Dass eine soziale Gesellschaft, wie der deutsche Bundespräsident meinte, von dem Konsens lebe, dass Solidarität ihr Lebensatem ist. Und dass es aber im Bemühen, vielen zu helfen, begründet sein kann, nicht allen zu helfen.
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