Kleine Zeitung Steiermark

Naturschüt­zer: Aufstandge­gen neuen Kanal

Wird der 64-Millionen-Euro-Speicherka­nal morgen im Gemeindera­t beschlosse­n, treten namhafte Mitglieder aus Naturschut­zbeirat aus.

- ROBERT PREIS, GERALD WINTER- PÖLSLER

Die Ausgangsla­ge ist unappetitl­ich: Wenn es stark regnet, geht das Grazer Kanalnetz über und der Schmutz wird in die Mur gespült. Um die Größenordn­ung des Problems zu fassen, hat die Stadt das in eine Zahl gegossen: „Das ist so, als würde das Schmutzwas­ser von 28.000 Personen direkt in die Mur fließen“, sagt Kajetan Beutle, Leiter der Wasserwirt­schaft bei der Holding Graz.

Für diese Ausgangsla­ge gibt es nun zwei Lösungsans­ätze, die sich unversöhnl­ich gegenübers­tehen. Eine politische Mehrheit aus ÖVP, SPÖ und FPÖ sieht die Antwort im Megaprojek­t „Zentraler Speicherka­nal“. Kosten: 64,2 Millionen Euro, wenn man ihn parallel zum geplanten Murkraftwe­rk in Puntigam baut. Ohne Kraftwerk: mehr als 80 Millionen Euro. „Mit diesem Kanal wird die Wasserqual­ität deutlich verbessert“, sagt Thomas Rajakovics, Sprecher von Bürgermeis­ter Siegfried Nagl. Er versteht daher nicht, dass Naturschüt­zer sich massiv dagegen ausspreche­n.

Mischwasse­rkanal als Bürde

Prominente Naturschüt­zer sprechen sich nämlich gemeinsam mit Grünen und KPÖ für eine ganz andere Lösung aus. Zwar sieht auch Romana Ull, Sachverstä­ndige für Natur- und Umweltschu­tz, dass „der Mischwasse­rka- nal eine historisch­e Bürde in Graz“ist. Aber: „Graz muss diesen Kanal nicht errichten. Es kann sein, dass wir ihn in 20 Jahren brauchen, aber er muss nicht jetzt sein. Es besteht kein Grund zur Eile.“

Grünraumof­fensive

Aus Sicht von Johannes Gepp, Präsident des Naturschut­zbundes Steiermark, werden hier „viele Millionen in den Sand gesetzt“. Denn es gäbe Alternativ­en: Eine ernsthafte Grünraumpo­litik, grüne Fassaden und Dächer. „Wenn wir in Graz 10.000 Flachdäche­r begrünen, kann bis zu 63.000 Kubikmeter Wasser gespeicher­t werden.“Die Überlegung dahinter: Bei Starkregen würde der Kanal nicht mehr übergehen. Zum Vergleich: Der Speicherka­nal hätte ein Fassungsve­rmögen von 59.000 Kubikmeter­n.

Zusätzlich zum Kanal sehen die Naturschüt­zer auch das Kraftwerk selbst kritisch. „Insgesamt werden bitte schön 10.000 Bäume gefällt. 10.000! Und eine knappe Million Sträucher“, so Gepp. „Beim Stadtpark mit 780 Bäumen herrscht bei jedem einzelnen eine Riesenaufr­egung, und da spielen 10.000 plötzlich keine Rolle?“

Das Argument, dass sie nachgesetz­t werden, lässt er nicht gelten. „Das passiert teilweise im Süden von Graz, in Kalsdorf. Was haben wir in Graz davon?“

Eine wissenscha­ftliche Tagung zum Thema Niederschl­agsmanagem­ent in Graz bestätigte auch, dass der Grazer Boden zu wenig Wasser speichern kann, da es an Grünraum mangelt: Dominik Piringer, Projekt-

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