Deutschland hat eine politische Zäsur erlebt
Große Koalition muss Verantwortung übernehmen.
Der Scherbenhaufen für die CDU könnte nicht größer sein. In BadenWürttemberg sind die Christdemokraten erstmals seit Gründung des Bundeslandes 1952 nicht mehr stärkste Fraktion und müssen dem Grünen Winfried Kretschmann zugestehen, nicht mehr nur Ministerpräsident von mathematischen Gnaden zu sein. In Rheinland-Pfalz, dem Heimatland Helmut Kohls, verspielt sie einen zwischenzeitlichen Höhenflug und alle Möglichkeiten ihrer Zukunftskanzlerhoffnung Julia Klöckner. Und in Sachsen-Anhalt kommt die CDU zwar mit hechelnder Zunge als Siegerin ins Ziel, sieht sich aber mit einem Splitterparlament konfrontiert, wie es das in Deutschland bisher nicht gab. Wäre es nicht die Parteifarbe, könnte man von einem schwarzen Sonntag sprechen.
Denn es ist vor allem der Alternative für Deutschland etwas gelungen, was CDU und CSU seit 1949 mit aller Macht verhindern wollten. Nämlich ihre Union nachhaltig rechts im Parlament zu überholen. Es gab einzelne Anläufe der NPD, Republikaner und anderer Zusammenschlüsse, die den Einzug in Landesparlamente schafften. Aber immer blieben es temporäre Erscheinungen. Nun muss ausgerechnet Kanzlerin Angela Merkel als Zauberlehrling befürchten, die Geister, die sie mit ihrem humanitär deklarierten Flüchtlingskurs rief, nicht mehr loszuwerden. Deutschland ist im Jahr 2016 dort angekommen, wo fast alle anderen Staaten Europas bereits sind – bei einer breiten national konnotierten Protestfront gegen das Parteiestablishment.
Die rechtspopulistische AfD sitzt jetzt in acht von 16 Landtagen und macht nicht nur die Regierungsbildung schwer. Allein Reden, Anträge und Mitarbeit in der bisherigen Parlamentsarbeit machen deutlich, dass dort kein konstruktiver Beitrag für das politische Fortkommen zu erwarten ist. Aber, und das ist die offensichtliche Botschaft dieser Ergebnisse, viele Wähler wünschen sich einen anderen Kurs der Großen Koalition. Das gilt auch für die SPD, die in Stuttgart und Magdeburg vom Status einer Volkspartei auf das Niveau einer Kleinpartei geschrumpft ist. Ein lautes Signal an Parteichef Sigmar Gabriel. ie Kanzlerin geht nun geschwächt in Verhandlungen in der EU. Sie wird nicht zurücktreten, aber sie muss anders als bei früheren Landtagswahlen klare Verantwortung übernehmen. Dieser Denkzettel ist kein Ergebnis verpasster Schulpolitik oder umstrittener Verkehrsprojekte. Diesmal hat ihr „Wir schaffen das“in der Asylpolitik alles dominiert. Das muss sich allein die Große Koalition in Berlin ankreiden lassen.
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